LOSEN GEHEN

Will eine Gitsche genauere Auskunft über ihren zu erwartenden Lebensgefährten, so schickt man sie mit den drei erst angeteigten und den drei erstgebackenen Krapfen je dreimal um das Haus, doch so, daß sie eine Ecke ausläßt, d. h. davor umkehrt. Wen du zuletzt am Eck findest, das ist er, wird ihr gesagt.

Mit den Krapfen hat es eine Dirn probiert, und als sie zurückkam, hat die Hausfrau gefragt, wen sie gesehen habe. Du Lappete, gab das Mädchen zur Antwort; wen sollte ich denn treffen? Der Bauer stand am Eck. - Wenn du deinen Kindern Brot gibst, gib auch meinen Kindern Brot! sagte die Frau, rêrte, wurde krank und starb. Der Bauer aber heiratete die Dirn. Manche erzählen es so, der Bauer habe gar nicht am Eck gestanden, sondern bei der Bäuerin am Herde gesessen, draußen wäre der Teufel in des Bauern Gestalt gewesen.

Junge Männer losen in die Mågnstampfe, und aus dem Geräusch, das sie dabei vernehmen, schließen sie auf ihr einstiges Weib. Einer hat ein kleines Kind rêren gehört, daraus wußte er, daß seine Frau noch in den Windeln läge und er zu warten habe, bis sie groß geworden, um sie heiraten zu können.

Anmerkung: Losen: horchen
Gitsche: Mädchen
Lappete: Närrin
rêren: weinen
Mågnstampfe: Mohnmörser

Quelle: Rehsener, Zeitschrift des Vereins für Volkskunde 8, 1898, 250f.
Aus Will-Erich Peuckert, Ostalpensagen, Berlin 1963, Nr. 4, Seite 10