D' FEUERB'SCHAU - ERZÄHLUNG WÖRGL
Von Georg Opperer, 1933

Am frühen Montag nach dem Feuerwehrball saßen, vom Tanzen müde und vom ballüblichen Geldaufwand „stier", der Briefträger, der Gemeindeschreiber und der - überall dort dabei, wo es „stier" herging - kurzum: der Metzgersepp im Unterbräu. Gefehlt hat ihnen alles; Hunger hatten sie, Durst überhaupt und vor allem kein Geld. Und weil die Not erfinderisch macht, kamen die drei auf einen Gedanken, wie heut d'rauszukommen sei bei dieser dreifachen Not: sie werden heut „Feuerb'schau" machen.

Der Metzgersepp war dank seiner Gäugänge überall bekannt und „guat u“. Der Briefträger so halbwegs - der war immerhin eine Amtsperson, gegen die man am Lande ex offo etwas zurückhaltend ist. Am leichtesten tat sich der Gemeindeschreiber: Man wußte von ihm nichts, denn ein anständiger Mensch bekommt mit der Gemeinde niemals etwas zu tun.

Feuerwehruniformen waren genug zur Verfügung. Die Feuerwehrler hatten es sich im Verlaufe des Balles bequem gemacht und schließlich das Anziehen entweder vergessen oder sie haben's „nimma datu".

Also wird „Feuerb'schau" gemacht. Der Briefträger warf sich in eine Feuerwehruniform, der Gemeindeschreiber ging in Zivil mit; lediglich seinem Aussehen half er mit einer Brille nach und eine Aktentasche nahm er unter den Arm.

Der Metzgersepp ging als Vertreter seines Meisters mit, der Mitglied des Gemeinderates war - Metzgermeister gehören immer dem Gemeinderate an. Sepp wußte eine geizige Bäuerin. Sie war Witwe und kinderlos - also keinesfalls Berücksichtigungswürdig. Diese wählte er als Wurzen aus - und dahin ging's. Die drei rumpelten also zu Ramming ins Haus.

„Was gibt's?" fragte die Bäuerin.

„Feuerb'schau", sagte der Briefträger kurz und der Gemeindeschreiber ergänzt:

„Ja, Feuerb'schau! Verzeihen Sie, daß wir Sie belästigen - es ist uns gewiß kein Vergnügen, aber Dienst ist Dienst - -

„Und du?" wendet sich die Rammingerin an den Sepp. „Was tust denn du in der G´ sellschaft?" „Ja woaßt", sagt der Sepp und kratzt sich hinter den Ohren, „da Moasta hätt' vo rechtsweg'n mitgea sön, oba woaßt scho, ad da ruah -" und dabei macht er eine wegwerfende Gebärde, welche die Langschläfrigkeit des Meisters ausdrücken sollte . „Mhm", macht die Bäuerin, und dann zur Kommission sagt sie: „Was wöllt's"

Der Sepp zieht die Bäuerin auf die Seite und flüstert ihr ins Ohr. „Sei manierla, dia zwoa vastehan koan G'spaß! Hast woö Wassa auf'n Dachbod'n und sist oös in Ordnung?"

„Teufl, da faöts -" rutscht es der Bäuerin heraus, „auf dös hun i längst vagess´ n ."

„Da magst zon Guat'n schaug'n", ratet ihr der Sepp.

Die Bäuerin wird klein und wendet sich an den Sepp: „Mach du, weilst eh schon dabei bist - schaff na u - krod koa Strof mecht i kriag'n -" „Aft boot", sagt der Sepp und freut sich, auf dem des Geizes der Bäuerin wegen verrufenen Rammingergut einmal regieren zu können.

„Selbstverständlich bin i auf dei Seit", sagt der Sepp. „Also: bring den Mandern an Speck und an Schnaps. Daweil trag ma Wasser in die Kübl auf den Dachbod'n."

Die Rammingerin ladet eiligst die zwei Herren ein, ins „guate tüberl" z'sitz'n und bringt, was Sepp befohlen. Der Briefträger aber benimmt sich etwas „aufg'schmeckt". Er sei schon das Haus durchgegangen und habe vieles gefunden, was gegen die feuerpolizeiliche Vorschriften verstoße. Ob er „unter dem Dach" oben auch schon war, fragt ihn der Sepp. „In allen Winkeln", lügt Briefträger. „Nacha feit's", der blinzelt der Sepp der Rammingerin zu, „aber laß da nit schiach sei," tröstete er sie, „i wer' scho' mach , n !"

Die „Kommission" tut sich am Gebotenen gütlich. Auch der Sepp leistet ihr wacker Gesellschaft.

Die Rammingerin trägt indessen Wasser in die Kübel auf den Dachboden. Sepp schleicht sich dann zur geängstigten Bäuerin heraus und macht ihr die Mitteilung, daß dö zwoa ein Protokoll verfaßt haben und daß da eine verzwickte Geschichte herauskomme. Da geht's bei der Gemeinde nicht mehr ab, das gehe schon auf die Bezirkshauptmannschaft. - „In Gott' s Nam’ „ jammert die Rammingerin. „Sei stad," sagt der Sepp, „laß da nix ankennen, sist hab'ns die glei . . . Laß na mi mach'n! Gib den zwoanan - i brauch nix - an niead'n an Zentaling in an Papier eing'macht und wuzl no a paar Guin ei', wenn s' amoi bestoch'n send - aft keans dei'."

Das paßt der Bäuerin. Obenauf ist sie ja so gern. Und sie tut, wie ihr der Sepp riet.

Die „Kommission" kann zufrieden sein: Der Hunger war gestillt und dank des Einschreitens des Sepp auch für Geld gesorgt. Die Bäuerin hatte jedem einen „Zenterling" Speck in Papier zugesteckt und getreu der Weisung des Sepp einige Gulden damit eingewuzelt.

Die „Kommission" verabschiedete sich hochnäsig. Der Sepp hintendrein versicherte der Bäuerin, daß „nix außakimb", aber unter der Haustür 1üftet er den Schleier: die zwei seien rechte Gauner, hätten gar kein Recht, eine Feuerb'schau abzuhalten, aber „iaz is scho wia's is. Wennst da eppas draus machst - ei'gea' tuast oöwei. Entweder weg'n die lar'n Kübl unterm Dach - des derf amoi nit sei' - oda weg'n Bestechung! - Wennst nit so geizig warst, hätt ma dia den Tuck eh nit u'tu'. Pfiat di!"

Die Bäuerin soll den dreien auf das hin etwas gewünscht haben.


Georg Opperer in: Tiroler Heimatblätter, 1933; von Gottfried Opperer freundlicherweise zur Verfügung gestellt