Teufels Wurzgarten.


Es treibt gepeitscht vorn Stürme
Die Wolke, wetterschwer.
Sie sendet schrecklich blendend                     
Zu Tal ihr Flammenmeer!

Die Sterne sind erloschen,
Es heult sein Lied der Wind,
Bald brausend durch die Tannen,
Bald leis ein wimmernd Kind!

Der Senne sitzt im Hüttlein
Im roten Feuerschein
Und murmelt fromme Sprüche
In seinen Bart hinein.

Da —! Plötzlich zuckt hernieder
Der Strahl, schier tageshell —
Und bei der niedren Türe,
Dort steht ein Jagdgesell'!

Sein schwarzes Auge funkelt.
Wie lichter Bergkristall.
Der Donner weckt laut dröhnend
Der Schluchten Widerhall! —

„Gib mir zum schlichten Mahle
Was du gerade hast.
Denn wisse! Ich bin heute
Dein ungebetener Gast!"

Der Senne, ängstlich bebend.
Labt ihn mit Speis und Trank —
Und schweigend nimmt's der Fremdling:
Er spricht kein Wort von Dank.

Undschweigend zieht er weiter
Den jähen Pfad hinan.
Die Blitze hell erleuchten
Des Jägers steile Bahn!    
           
Er steigt empor zum Garten,
Gepflanzt von Satans Hand
Vor vielen hundert Jahren
Auf schroffer Felsenwand!

Dort gießt der fremde Jäger
Sein sicher treffend Blei —
Laut heulend fährt im Sturme
Die wilde Jagd vorbei.

Der Senne schaut's und zittert
Und schiebt den Riegel vor: —
Die Windsbraut jagt vorüber
An Kar und Felsentor.

Paul Greußing.

Quelle: Sagen aus dem Kaisergebirge, Anton Karg, Kufstein 1926, S. 40f
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Leni Wallner, Mai 2006.
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