Nochmals Teufelswurzgarten.



Wenn man auf dem Weg von Hinterbärenbad zum Stripsenjoch bald nach der Neustadler Lichtung aus dem stämmigen Hochwald heraustritt, so sieht man drüben über dem Graben die zerfallenen Stripsenalpen-Hütten. Daß das Sprichwort eines einst hier in dieser Alpe hausenden Senners! "Ein lärchener Backofen ist ein ewiges Werk!" nicht richtig ist, und daß auf Erden nichts ewig dauert,, zeigt die traurige Zerstörung dieser Hütten, in denen einst so viel lustiges Alpenleben herrschte.

's Höserl schö' kurz, 's Feder! hübsch lang,
A Schneid alliwei und gar nia a Bang'"

so waren die drei hübschen Burschen auf den Stripsen-Alpen, zu jedem Rank und Schnax allzeit munter.
Es war an der Zeit der Almabfahrt, Der Abend war lustig, und in der Hütte prasselte das Schmalz vom Kochen der Almnüßln. Es war Besuch von den Nachbaralpen dagewesen, man hatte Kränze gewunden, "Taxböschl" mit bunten Papierstreifen aufgeziert, um damit das Almvieh "aufzubüschen". Für die große Glockenkuh hatte man einen Spiegel mit färbigen Bändern hergerichtet, um ihn derselben als Zeichen der weiblichen Eitelkeit auf die Stirne zu binden, dem Stierl war ein Hut mit langer, schneidiger Hahnfeder und anstatt eigner Glocke ein Paar ausgetretene  Schuhe,  zum Zeichen seiner Tätigkeit,  zugedacht. Nun war es Nacht geworden; in den zwei oberen Hütten war schon längst Ruhe, das Vieh war zur nächtlichen Weide draußen und die beiden Burschen lagen in ihrem "Kreister" im besten Schlafe. Bei der unteren Hütte aber gab es heute Nacht keine Ruhe, das Vieh trieb sich unruhig herum und wollte nicht von der Hütte weg, und dem Senner war es, als sei es heute nicht recht richtig. Er blieb auf, setzte sich auf den Herd zum Feuer und rauchte sein Pfeifchen. Da ging auf einmal die Hüttentür auf, und herein trat ein fremder Wilderer. Als er auf Befragen vom Senner die Antwort erhielt, daß er allein sei, legte der Fremde die Büchse ab und verlangte ein "Müasl", da er Hunger habe. Während der Senner ihm Mus kochte, sah er, wie der Wilderer auf seinem bloßen Knie sich Rauchtabak aufschnitt. Dem Senner war bei diesem Menschen nicht recht wohl, denn der konnte sich ohne Zweifel gefroren machen. Als der Wilderer sein Mus gegessen, nahm er seine Büchse und machte sich wieder eilends davon. Der neugierige Senner ging ihm aber nach und sah, wie der Wilderer dem Teufelswurzgarten zuschritt. Er lauschte und spähte, was denn der mache, und siehe da, als es 12 Uhr nachts war, lohte am Teufelswurzgarten ein Feuer auf. - Der Teufelswurzgarten ist nun einmal ein verwunschener Platz, wo man den Teufel bannen kann, und der Wilderer muß just die rechte Nacht gewußt und sich dort Blutkugeln gegossen haben; denn als der Senner am anderen Tage hinüber schauen ging, fand er richtig neben den verkohlten Feuerbränden noch Bleireste liegen, die er, um auch die Teufelskunst zu probieren, freudig mitnahm und damit zu seinen Kameraden auf die Alpe zurückkehrte.

Vergleiche Alpenburg, Seite 406.

Quelle: Sagen aus dem Kaisergebirge, Anton Karg, Kufstein 1926, S. 39f
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Leni Wallner, Mai 2006.
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