Den Teufel Geld bringen machen

Auf der Alpe Durlassboden, wo sich das Wildgerlostal gegen Süden wendet, wollten einst vier Melcher diesen Versuch machen und dachten sich, wenn der Scheiche nur erst den Geldsack gebracht habe, werden sie ihn schon wieder aberdanken. Nachdem sie bei Anbruch der Nacht in der Mitte des Kaserraumes auf dem Erdboden einen Kreis gemacht hatten, stellten sich drei von ihnen hinein, einer blieb draußen, weil ihm die Geschichte doch zu bedenklich vorkam. Kaum hatten sie mit der Beschwörungsformel begonnen, als auch schon der grüne Jäger in die Hütte trat und sich auf den mitgebrachten Geldsack niedersetzte. Die Älpler verloren bei seinem Anblick alle zusammen die Fassung und derjenige von ihnen, der nicht in den Kreis getreten war, eilte sofort nach Gerlos, um den hochw. Herrn Vikar zu holen. Wie der Teufel den Geistlichen mit dem Melcher auf die Hütte zukommen sah, meinte er lachend:

Aha, iatz kimmt's Weinpanzl!

und rief ihm dann zu:

Hoi, dü, geah nar hueme, deir Hoisarin ofloachn [entflöhen]!

Jetzt sah der Vikar ein, daß er dem Teufel nicht gewachsen sei und kehrte unverrichteter Dinge nach Gerlos zurück. Auch andere Priester, die man aus den umliegenden Dörfern herbeigerufen hatte, konnten dem Teufel gegenüber nichts ausrichten, da ein Geistlicher, wenn er dem Blauhütler unter die Augen treten will, ein ganz reines Gewissen haben muß, damit ihm derselbe ja keinen berechtigten Vorwurf über dieses oder jenes Vergehen machen kann. Endlich holte man den Pfarrer des weit entfernten Saalfelden im Salzburgschen, der allgemein im Rufe der Heiligkeit stand. Obwohl nun der Teufel vor diesem Geistlichen einen gewaltigen Respekt hatte, gab er seine Sache doch noch nicht für verloren. Erstlich machte er ihm zum Vorwurf, er sei einmal mitten durch ein Feld gegangen und habe dadurch den Bauer geschädigt. Der Priester aber erklärte, er sei damals nur deshalb quer über das Feld gegangen, weil es galt, die Seele eines Sterbenden zu retten. Weiter warf er dem Geistlichen vor, er habe einmal unnützerweise einen Raben geschossen, was vom Pfarrer dahin richtiggestellt wurde, daß er den Raben nicht unnützerweise erlegt habe, sondern um sich mit seinem Fleisch den Hunger zu stillen. Der letzte und schwerste Vorwurf des Teufels war der, daß der Pfarrer einmal einem schmucken Dirndl lange nachgeschaut habe. Auch hier war der Pfarrer nicht verlegen und sagte, er habe bloß deshalb dem Dirndl nachgeschaut, weil er sich recht lebhaft vergegenwärtigen wollte, was doch unser Herrgott in seiner Allmacht für schöne Geschöpfe erschaffen habe.

Jetzt mußte der Teufel nun seinerseits dem Pfarrer Rede stehen. Zuerst fragte dieser, wo der Teufel das Geld herhabe. Er erklärte, er habe es einem Kaufmann in Bozen gestohlen, der so reich sei, daß er's doch nicht merke. Da das Geld von einem Diebstahl herrührte, schien es dem Pfarrer für die Senner doch nicht rätlich zu sein, das Geld zu behalten und sagte zum Teufel, er könne es schon wieder mitnehmen. Allein damit ließ sich der Saggara nicht abspeisen und forderte, daß wenigstens einer aus dem Kreise treten und der Hölle gehören müsse. Der Pfarrer gestand ihm dies zu, nur dürfe er nicht den ersten haben, der heraustrete, sondern den letzten, der im Kreise bleibe, und damit war der Teufel zufrieden. Da hielt der Geistliche eine hl. Hostie in den Kreis und hieß die drei Melcher herausgehen. Jetzt war unser Herrgott selbst der letzte, der Teufel sah sich geprellt und schoß aus der Hütte. Man kann sich nun leicht denken, was die Melcher ausgestanden haben, da sie während der ganzen Zeit ruhig im Kreise aushalten mußten. Wenn sie zu früh herausgetreten wären, hätte der Teufel Macht über sie bekommen und sie sicherlich zu Laub und Staub zerrissen.

Quelle: Den Teufel Geld bringen machen, F. Dörler, Schätze und Schatzhüter in Tirol: ZfVk. 4, 1898, 272f zit. nach Will-Erich Peuckert, Ostalpensagen, Berlin 1963, Nr. 364, S. 189f