DIE SENNERIN LOCKT SCHWEINE

Ungefähr 1 1/2 km von der Alpe Balcifenz (Montavon) entfernt, in nächster Nähe des Maifäßes Vergâlda, eines Weilers mit ziemlich vielen zerstreut liegenden Häusern. steht ein einsames Haus. In dieses kam bei kalter Witterung im Herbste öfter ein Weiblein, setzte sich in der Küche beim Herdfeuer oder in der Wohnstube auf die Ofenbank nieder und rief, sich die Hände reibend: "Tschu ! tschu ! hüt isch kalt". Nach einer Weile, wann es sich gewärmt hatte, sagte es: "Jetz muaß i'go di vertälta 1) SchwÎ trenka" und gieng hastig von dannen. Kaum hatte dieses Weiblein die Stubenthür hinter sich zugeschlagen, so sah man vom Fenster aus dasselbe schon über den entlegenen "Stôfl" 2) eilen und hörte, wie es die Schweine zur Tränke lockte mit dem gellenden Rufe: "Hutsch ! hutsch ! 3).


1) Bei der Vertheilung der Molke übergangenen, ausgelassenen
2) Grüner Platz um die Sennhütte, der gedüngt und mitunter auch gemäht wird, wo auch die Kühe zum Melken zusammengetrieben werden. Nach Steub ist es das lat. stabulum. Im vorderen Paznaun sagt man für Stofl "Gompa", vom lat. campus.
3) Büßende Sennerinnen locken Schweine


Quelle: Sagen aus dem Paznaun und dessen Nachbarschaft, Gesammelt und herausgegeben von Christian Hauser, Innsbruck 1894, Nr. 32, Seite 47