Der Hexensattel
Zu Gries in Patznaun [Paznaun] benutzte eine Stiefmutter ihren Sohn als Reitpferd zu den Hexengelagen. Sie hatte einen Zaubersattel, und wenn sie denselben auf den Burschen warf, wurde er in ein Rösslein verwandelt. Diese Verwandlung hielt solange an, bis sie wieder heimgeritten war und den Sattel abnahm.
Eines Tages übernahm sein Bruder die Rolle, dem der andere von der Verwandlung durch den Sattel erzählt hatte.
Als dieser nun seine Stiefmutter, die Hexe, an Ort und Stelle gebracht
hatte, natürlich ebenfalls in ein Ross verwandelt, band sie ihn an
einem Baume an; er rieb aber solange an dem Baume, bis der Sattelgurt
platzte. Wie nun der Sattel herunterfiel, war er wieder Mensch. Nun warf
er den Sattel auf die Stiefmutter, und richtig wurde sie in eine Stute
verwandelt. Darauf heimreitend, ließ er sie von einem Schmiede beschlagen.
Zuhause angekommen, nahm er den Sattel weg und führte sie in ihre
Schlafkammer. Als man am folgenden Tage nachzusehen gieng, lag sie todt
[tot] im Bette; die Hufeisen an Händen und Füßen waren
glühend.
Quelle: Volkssagen, Bräuche
und Meinungen aus Tirol, gesammelt und herausgegeben von Johann Adolf
Heyl, Brixen 1897,
Nr. 46, S. 37