Erpressung in der Christnacht

Christnacht! Alle Zwieselsteiner waren zur Mette nach Sölden gewandert. In einem Hause konnte jedoch der Altbauer nicht gehen. Gar bald beobachtete er auf dem Venter Weg ein Lichtlein näher kommen. Ein fahler Schein umriß den Lichtträger, als er das Licht ausblies. Ein Mann in weißem Mantel, bewaffnet mit einer Brechstange.

Nun krachte schon die Haustüre und vor dem alten, durch Sparen reich gewordenen Haushüter stand der kecke Einbrecher. Er rief: "Geld oder Blut!" Der Geängstigte reichte zitternd seine schwer ersparten 900 fl, ca. 9 Kühe. Nicht genug. Der Erpresser wollte nur dann sein Leben schonen.
wenn er ihm bei Gott verspreche, niemandem seinen Namen zu verraten. Darauf verschwand der Schurke samt der Beute.

Der Alte aber hielt zeitlebens sein Wort. Niemand vermochte zu erfahren, wer der Erpresser war. So heilig galt früher ein gegebenes Wort.

Quelle: Oetztaler Talkunde, Josef Pienz, Imst 1963, S. 59f