Die Wichtelen

Neben einem alten großen Bauernhaus stand ein Schuppen, den die Leute Steingaden nannten. Unten im Schuppen wurden Schlitten, Wagen und alle möglichen Geräte aufbewahrt. Eine Treppe führte oben hinauf zu einem Raum, in dem über den Sommer die Spinnräder und andere Hausgeräte ihren Platz fanden. In diesem Raum hielten sich oft Wichtelen auf und haben an den Spinnrädern gesponnen. Einmal hat sich folgendes zugetragen. Es nahte der Lichtmeßtag heran. An diesem Tag "schlenggeln" (wechseln) die meisten Dienstboten ihren Dienstplatz. Die Magd des Bauern war in der Nacht beim Brotbacken. Da kam ein Wichtele zu ihr in die Küche und sagte:

"Einen weichen Toag (Teig), viel Loab (Laib)".

Da sprach die Magd:

"Hättest du mir das früher gesagt, heute backe ich ja zum letztenmal bei diesem Bauern".

Da erwiderte das Wichtele:


"Hättest du mich viel gefragt, so hätte ich dir viel gesagt".

Der weiche Teig hat sich dann sehr bewährt.

Quelle: Sagen aus dem Leutaschtal, Matthias Reindl, in: tiroler Heimatblätter, 1938, Heft 11/12, S. 367f.