Der Hexenspielmann Version I.
An dem dreieckigen Hexenplatzl ob der Höttingerkirche, rechts bei dem "Platelehof", ging einmal ein Bauer von den Allerheiligenhöfen mit seinem Milchmelter vorbei; um die Kühe, welche in den Höttingerbergen weideten, zu melchen, was er jeden Tag beim Morgengrauen that. Dießmal war er aber zu früh am Weg; es war erst Mitternacht, er meint aber, es sei schon gegen drei Uhr Morgens vorbei.
Wie er nun vorbei geht beim Hexenplatzl, hört er dort eine herrliche
Musik und sieht einen prächtigen Palast oben stehen. Da schleicht
er verwundert hinzu, schaut beim Fenster hinein und sieht drinnen stattlich
geputzte Frauensleute lustig essen, trinken, tanzen und scherzen. Sie
trugen grüne Hüte und weiße Vortücher, wie es die
reizenden Unterinnthalermädchen tragen. Inmitten dieser Dirnen saß
ein Geiger, der stetes munter aufspielte, und wie ein wälscher Tanzlehrer
zu den lustigen Tönen selbst wie ein Böcklein mit dem Reigen
auf- und abtänzelte. - Das war aber der leibhafte Teufel, das sah
der Melcher deutlich. Da dieser nun ein lebfrischer Bua war, der sich
vor dem Teufel nicht fürchtete, so that er einen lauten Juchzer beim
Fenster hinein. Hu! Da war der Teufel los - das ganze Gebäude brach
donnernd zusammen, und aus den schönsten Bauernmädchen wurden
wilde Hexen, die auf ihn losstürzten. Der Melcher aber warf ihnen
sein Melter zum Kopf und lief was er konnte - sie ihm nach wie Furien
- endlich drüben, wo das Brückele beim Güßmüller
über den Höttingerbach geht und wo ein Kruzifix aufgemacht ist,
sank er nieder - und die Hexen konnten ihm dort nichts anhaben und fuhren
mit langen Nasen unverrichteter Sache ab.
Quelle: Mythen und Sagen Tirols, gesammelt und herausgegeben von Johann Nepomuk Ritter von Alpenburg, Zürich 1857, S. 284f, Nr. 15