DER SPRISSELSTEIN

In Imst, am Weg zur Obermarkter Alm, liegt ein großer, gegen den Weg stark geneigter Felsblock. In dem durch die Neigung des Blockes gebildeten Hohlraum und dessen Nähe, liegt eine große Menge hingeworfener Steine und an den Block selbst sind eine Anzahl von Hölzern (Sprissel) angelehnt, weshalb der Block den Namen Sprisselstein trägt. Es sieht aus, als ob der Block durch die Hölzer gestützt wäre. Die Holzstücke sind teilweise schon ganz oder halb verfault, aber immer ist auch eine Anzahl ganz frisch hingelegter darunter, die stehen bleiben, bis sie Wind und Wetter vernichten.

Dieser Brauch verdankt seinen Ursprung der nachfolgenden Sage: Der Almweg dient im Winter auch den Heuziehern, die das im Sommer an den Hängen der Plattein und im Hintergebirge gewonnene Wildheu zutal befördern. Ein solcher Heuzieher war eben im Begriffe, an der beschriebenen Wegstelle vorbeizufahren, als der Block ins Wanken geriet und den Mann samt seiner Last unfehlbar erdrückt hätte, wenn nicht ein saliges Fräulein eingesprungen und den Block im Fallen aufgehalten hätte. Diese Salige hält nun den Block auch heute noch, weshalb er trotz seiner unnatürlichen Lage bisher nicht umfallen konnte. Um der Beschützerin die schwere Last zu erleichtern, werden die genannten Stützen aufgestellt.

Aus: Tiroler Heimatblätter, 5. Jg., Heft 7

Weg zur Obermarkter Alm: gemeint ist der "alte" Almweg


Quelle: Imster Geisterbrevier, Hermann J. Spiehs, Imst 1936, Seite 22