DER FALLERGEIST

Der "Faller" ist ein nördlich von Imst sich hinziehender Gebirgsrücken, der früher von Rinderherden viel begangen wurde. Da die einzige Kalbin eines armen Bäuerleins nie bei der Herde blieb, sondern häufig die gefährlichen Grate aufsuchte, von wo sie dann gar mühsam herabgeholt werden mußte, beschloß der erzürnte Hirte,sie ein für allemal beiseite zu schaffen. Er legte frische Baumrinden und das Tier kam darob, wie erwartet, zu Fall, blieb mit zerschmetterten Gliedern in einem Abgrund liegen. Das um seine letzte Habe betrogene Bäuerlein verfluchte den unachtsamen Hirten, zumal dieser auf dem Sterbelager sein arges Vergehen bekannt hatte.

Jahrzehnte hindurch ging es sodann am Faller droben um. Die Hirten hörten um Mitternacht ein Ächzen und Seufzen. Einzelne sahen sogar den Geist, wie er unter "Ho-Ruck-Rufen" die abgestürzte Kalbin mühsam bergauf schleppte, und, wenn er sie droben hatte, wieder hinabschleuderte. Letzteres unter teuflischem Gelächter, daß selbst die Mutigsten ein Gruseln überlief.

Quelle: Imster Geisterbrevier, Hermann J. Spiehs, Imst 1936, Seite 5