Pilatussage

In einigen Orten Unterinnthals [Unterinntals] ist die Sage verbreitet, Pilatus sei zur Strafe dafür, dass er Christum den Juden zur Kreuzigung überantwortet hat, nach dem Tode verzaubert und in einen See gebannt worden. Die einen sagen, er wäre im Sonnwendjochsee, andere aber versetzen ihn in den Pillersee, wieder andere wissen keinen bestimmten See anzugeben. Darin müsse er bis an den jüngsten Tag verbleiben und leide die entsetzlichsten Qualen. Am größten sei die Pein, die er in der Charwoche [Karwoche] erleiden müsse; da höre man dann die ganze Woche hindurch den See brüllen*) wie ein wilder Stier.

*) Dialectisch [sic] "billen", daher mag wohl die Tage an den Pillersee geknüpft worden sein.

Quelle: Volkssagen, Bräuche und Meinungen aus Tirol, gesammelt und herausgegeben von Johann Adolf Heyl, Brixen 1897,
Nr. 24, S. 64f