Der verzauberte Ritter

Ein Raubritter von Itter liebte eine Bauerntochter vom Wörgler Boden. Er wollte sie zur Frau nehmen. Die Mutter des Ritters bat ihn, er solle von der Heirat abstehen, denn das Mädchen war gottesfürchtig und wäre nur unglücklich geworden. Während der Nacht holte der Itterer Ritter das Bauernmädchen. Bald darauf wurde Hochzeit gefeiert. Die Bauerntochter versuchte die Hochzeit zu verschieben, doch es gelang ihr nicht. Am Traualtar antwortete sie auf die Frage des Priesters statt mit "ja" mit "nein". Der Raubritter wurde darüber wild und sagte: "Um jeden Preis, und sollte es den Teufel kosten, ich will dich zur Frau haben!"

In der folgenden Nacht kam der Teufel in des Ritters Schlafgemach. Der Ritter wollte nichts mehr wissen. Der Teufel aber bestand auf der unvorsichtigen Rede des Ritters. Er machte dem Ritter Vorschlag um Vorschlag, wie er die Bauerntochter zur Frau bekommen könnte. Der Ritter lehnte alles ab. Der Teufel wollte nicht nachgeben; Gold, Silber und alle möglichen Schätze bot er. Alles half nichts, er mußte unverrichteter Dinge abziehen.

Monate waren vergangen. Die Bauerntochter, die des Raubritters Gemahlin hätte werden sollen, war auf einer Alm Sennerin. Da sie seit jenem Tage, an dem der Teufel auch ihr einen Besuch abgestattet hatte, um sie zur Heirat mit dem Ritter von Itter zu bewegen, sehr leutscheu war, konnte man sie selten unter die Augen bekommen.

An einem Freitag wallfahrtete sie zu einem Marterl und betete dort um eine glückliche Sterbestunde. Tags darauf verschied sie ohne Todeskampf.

Als der Raubritter vom Tode seiner Geliebten hörte, fluchte er: "Lieber war' ich ein verzauberter Ritter, als allein durchs Leben zu ziehen." Bald darauf starb auch der Ritter.

Er wurde, was er sich wünschte: ein verzauberter Ritter. Viele Jahre mußte er als solcher auf Schloß Itter umgehen.

Quelle: Anton Schipflinger in: Tiroler Heimatblätter 1937, Nr. 3, S. 79 - 81.
aus: Sagen, Bräuche und Geschichten aus dem Brixental und seiner näheren Umgebung, gesammelt und niedergeschrieben vom Penningberger Volksliteraten Anton Schipflinger, zusammengestellt von Franz Traxler, Innsbruck 1995 (Schlern-Schriften Band 299).