Die schwarzen Gäste

Bei Partschins unweit Meran, nur eine halbe Stunde vom Orte rechts der Straße, lag ein Grafenschloß, dessen Eigentümer in des Reichtums Fülle lebte und diese Fülle auch genoß. Bisweilen genoß er davon sogar etwas zuviel, und es war dann nicht gut um ihn sein. Eines Tages rüstete er ein Gelage und lud dazu die Vornehmsten seiner Nachbarschaft, allein diese mochten Abhaltung oder sonstige Gründe haben - als die Zeit des Mahles da war, war kein einziger Gast da. Nun begann der Graf allein zu zechen, und das soll niemals gut sein, und als er bereits bezecht war und noch immer kein Gast erscheinen wollte, so schrie er zornig: "Ei, daß doch die Teufel aus der Hölle kämen und mit mir tafelten!", und dann trank er wieder weiter. Da dröhnte Galoppschlag vom Hofe herauf, und es kam ein Diener und meldete, es wären drunten Reiter, schwarz wie Mohren und jeder einen Kopf größer als der längste Mensch, und sie begehrten herauf. Darob erschrak der Graf, und es kam ihm sein vorhin gesprochenes Frevelwort in die Gedanken. "Sperrt die Türen", rief er, "und flüchtet aus dem Hause!" - Er selbst besann sich nicht lange, sondern gewann einen heimlichen Ausgang. Im Schlosse aber krachte es, als wenn alles zusammenstürzte, die gesperrten Türen brachen ein, und die schwarzen Reiter kamen herauf in den Speisesaal und setzten sich um den Zechtisch. Einer nach dem ändern nahm einen Pokal, ging damit zum Fenster, blickte in das Freie, wo der Graf jetzt stand, und trank ihm höhnisch zu; sie winkten ihm auch, wieder in das Haus und zu ihnen herauf zu kommen. Da er dies nicht tat, drohten sie ihm, und plötzlich hielten sie eine Wiege aus dem Fenster, in der das jüngste Kind des Grafen, ein Knäblein, lag, das bei der schnellen Flucht aus dem Schlosse vergessen worden war. Entsetzt beschwor der Graf seine Diener, das Kind zu retten, da er es nicht vermöge, weil er sich durch seinen Frevel in die Macht der Teufel gegeben habe, und alsbald trat der treueste von des Grafen Dienern mutig den Weg in das Schloß an, schritt in den Saal, trat kühn vor die schwarzen Gäste, schlug ein Kreuz und rief: "Im Namen Jesu Christi, in welchem dieses Kindlein getauft ist, nehme ich es euch, denn euch ist über dasselbe keine Gewalt gegeben." Und siehe, die Teufel ließen ihn nicht nur willig das Kind nehmen, sondern sie entwichen auch aus dem Saale, freilich nicht ohne großes Gepolter und Zurücklassen infernalischen Gestankes. Hernach mußte man lange mit geweihtem Weihrauch räuchern und mit Weihwasser sprengen, bis sich das alles verzog; der Graf mußte sich schwerer Buße unterwerfen, was er auch willig tat. Er belohnte reichlich den treuen Diener, bat nie mehr den Teufel zu Gast, aber auch nie mehr die Zechgenossen, die ihn im Stich gelassen, er wurde ganz fromm und stille und ließ hinfür nur geistliche Herren in Züchten und Ehren bei sich speisen.

Quelle: Deutsche Alpensagen. Gesammelt und herausgegeben von Johann Nepomuk Ritter von Alpenburg, Wien 1861, Nr. 254.