Kyklopisches Kasermandl

Die Kasermandlsage lebt ebenfalls im Ultentale. Kasermandl nennt das Volk dieses Tales jene Wandergeister, welche im Herbst, wenn das Almvieh abgefahren ist, in die Käser- und Sennhütten einkehren und über Winter bis zum Wiederauftrieb der Herden dort verweilen. Einst kehrte ein Wildschütze im Spätherbste bei der verlassenen Klapfbergeralpe ein, um droben zu übernachten, da hörte er in der Nacht alsbald ein Kasermandl in die Nähe kommen und verbarg sich in einer Ecke der Hütte. Das Kasermandl öffnete die Tür, trat herein und hatte nur ein einziges großes Auge mitten auf der Stirne, was dem Jäger etwas ganz Neues war. Das kuriose Kasermandl machte Feuer an, kochte schwarze Speise, aß sie, verweilte ziemlich lange Zeit beim Feuer, löschte es endlich aus, reinigte das Kochgeschirr und ging hinweg - hinaus ins Freie -und war verschwunden wie zu Lab und Stab. Und der Wildschütz hätte gewettet um seine beste Büchse, welche den besten Tod einhat, daß er geträumt habe, wenn er nicht so nüchtern und wach gewesen wäre wie ein hungriger Fuchs. Er wartete daher ängstlich den Anbruch des Tages ab, und mit drei Sprüngen war er aus der unheimlichen Hütte. Aber seit dem schläft kein Wildschütz mehr auf der Klapfbergeralm; sie fürchten sich vor dem Einauge.

Quelle: Deutsche Alpensagen. Gesammelt und herausgegeben von Johann Nepomuk Ritter von Alpenburg, Wien 1861, Nr. 278.