DER PROPHET VON NUßDORF

Im Grabl, im Iselthal, Gerichtsbezirk Lienz, stand früher eine kleine Kapelle. Da baute man dann einen großen Thurm hinzu. Dieß sah ein witziger Bauer im Vorbeigehen und sagte: "Der Ochs hat ein viel zu großes Auge, aber es wird schon die Kirche auch gebaut werden, wenn einmal die Leute Geld im Überfluß haben; auch die Nußdorfer Salzleute werden einst mit dem Kreuz heraufgehen" (wallfahrten). Wirklich wurde nach einigen Jahren, als die Banknoten abschlugen und ein Staatsbanquerott herauskam, wobei die Leute in Überfluß Papiergeld hatten, auch das Kirchlein etwas größer gebaut, und Nußdorfer gehen auch mit dem Kreuz hinauf, ungefähr 3 Stunden weit. Daß aber in Nußdorf einstens Salzleute sein werden, sagte jener Bauer, welcher Vinzenz hieß und weit herum bekannt war, ebenfalls voraus; nämlich Nußdorf werde einmal zugrunde gehen durch den Ausbruch eines Sees im Berge. Vinzenz gab auch genau an, bis zu welchem Hause der Bruch sich erstrecken werde, nämlich bis zum "Faschnig." Nußdorf soll auch in der That sehr wassergefährlich liegen. Schon einmal brachen droben im Walde Klüste auf mit reichlich strömenden Quellen. Auch eine Salzquelle soll früher dort gefloßen haben.

Die nachbarlichen Gemeinden Nußdorf und Debant stehen auf Bergtrümmern, um welche viele Schatzsagen schweben. Eine Zwergenstadt soll darunter liegen. Nachgrabungen ergaben kleine Gewölbe und Fundstücke aus Römerzeiten, Bäder und Münzen.


Quelle: Deutsche Alpensagen. Gesammelt und herausgegeben von Johann Nepomuk Ritter von Alpenburg, Wien 1861, Nr. 344.