Der böse Klausmann

Im Dorfe Mils bei Imst hauste ein reicher Bauer, dem gehörte nahe am Inn und weit hinein ins Larsental viel Wald, davon er einen guten Teil schlagen ließ. Damit ihm aber nicht ein guter Teil gestohlen werde, wollte er das Holz schleunigst heimschaffen; sein Spannvieh reichte aber dazu nicht aus, und seine Nachbarn in Mils besaßen auch nicht dergleichen, um es ihm zu leihen. Darauf wendete sich der reiche Bauer nach Imst und sprach dort Bekannte um Ochsen an, sie lachten ihn aber alle aus und schlugen ihm sein Anliegen rund ab. "Wir haben unser Vieh nicht dazu, daß es sich an deinen Holzstämmen abschinde", sprachen sie - und andere sagten: "Was willst du denn dein Holz heimfahren? Flöß es doch. Setz dich doch auf jeden Stamm und reite darauf herunter!" Und was solcher Spottreden mehr waren. Da ergrimmte der Bauer in seinem lnneren, wurde sehr böse und zornig und sagte: "Nun gut, ihr guten Imster, ich dank' euch für diesen Rat, ich will mein Holz flößen" - und ging von hinnen.

Der Bauer ging flugs in seinen Wald im Larsentale, baute in den Larsenbach eine ungeheure Klause (Wasserschwellung), daß er fast zu einem See aufstieg, und warf alle Stämme hinein. Nun wartete er in böser Absicht auf Hochwasser; endlich kam anhaltender Regen, die Bergwässer schwollen an, strömende Fluten wogten aus der Rosanna und Trisanna (Rosanna und Trisanna sind Seitenflüsse des Inns aus dem Patznauner und Stanzer Tale) in den Inn, der an sich schon tobte wie ein Ungetüm. Jetzt schlug der Bauer die Schleusen der Klause auf, und die Stämme stürzten krachend hinaus und hinab in die wirbelnde Strömung des Inns. Da sausten die gewaltigen Stämme hin, wälzten sich, stemmten sich, stopften das Strombett, und das ganze Tal bei Imst bis hinauf über Mils nach Zams wurde ein gewaltiger See, alle Felder und Wiesen der Imster wurden überflutet, verheert, und mitten auf dem wogenden See saß der Bauer auf einem Baumstamme, juchzte rachefreudig und wahnsinnig auf und ging dann in den Wogen unter. Noch immer muß er als Putz jauchzen und lärmen.

Quelle: Deutsche Alpensagen. Gesammelt und herausgegeben von Johann Nepomuk Ritter von Alpenburg, Wien 1861, Nr. 182.