Das Bogener Ungetüm

Eine Viertelstunde südlich von Tannheim liegt der Weiler Bogen und erhebt sich der Bogener Berg, in dessen Mitte eine enge Felsenspalte sich gähnend auftut.

Da drinnen im Berg wohnt in unterirdischer Höhle ein grausiger, drachenartiger Unhold - ein Ungeheuer, wie es einst viele gegeben. Es ist überall gefürchtet, hat Menschen und Tiere geraubt und vermutlich zerrissen oder nach Art des Blutschink blutsaugend getötet.

Dieses Ungetüm ist stumm wie die Nacht, unter deren Schutz es seine Opfer raubt. Nur wenn der Himmel sich schwarz umzieht und ein furchtbares Gewitter herankommt, da beginnt es zu brüllen und zu heulen, daß einen ein Grauen befällt, und dann stürzt es sich auf Vorübergehende oder Vorüberfahrende, wirft sie um samt Schiff und Geschirr oder schiebt sie zur Seite. Ist aber das Unwetter erst zum Ausbruch gekommen, dann zieht sich das Ungetüm in seine Höhle zurück und verstummt.

Quelle: Deutsche Alpensagen. Gesammelt und herausgegeben von Johann Nepomuk Ritter von Alpenburg, Wien 1861, Nr. 156