Die bösen Bergknappen

Eine ähnliche Sage wie von den gottlosen Silbertäufern am Bergfallbergwerk bei Hötting geht auch von den Knappen im Silberbergwerke, welches am Salzberge zu Hall gewesen sein soll. Die Ergiebigkeit dieses Bergwerks soll so groß gewesen sein, daß nicht selten Stufen von mehreren Pfunden gediegenen Silbers zutage gefördert wurden. Die Knappen, welche darin arbeiteten, waren aus Schwaz und gingen jeden Samstag nach ihrem Heimatorte zurück und kehrten am Sonntag abends wieder. Da sie nun sehr guten Lohn erhielten, so wurden sie gar übermütig und trieben allerlei verruchte Possen und Ungebühr. Eines Sonntagabends kamen sie von Schwaz bereits bezecht und rauschig durch Hall, hatten statt der Federn Bratwürste auf den Hüten, jauchzten und tanzten endlich um eine Martersäule herum, die am Wege stand, verhöhnten das Bild, und als ein Ochse daherkam, warfen sie sich über ihn her, schindeten ihn lebendig, indem sie ihm die Haut abzogen, die sie dem Marterlbilde als roten Mantel umhingen. Die Einwohner von Hall konnten diesem Frevel nicht steuern, denn die Knappenschaft war zahlreich, hatte ihre Hauen und sonstiges Gezeug bei sich und war noch dazu betrunken. Endlich zogen sie singend und schreiend gegen Morgen den Berg hinauf und fuhren ein. Dort aber fielen die erzürnten Berggeister, die allen Frevel hassen, über sie her, erwürgten sie langsam einen nach dem andern, und keiner kam wieder ans Tageslicht. Aus dem Schachte aber ergoß sich ein blutgefärbter Wasserstrom, der noch heute als ein Bächlein dem Bergesschoß entfließt, in welchem das ganze Werk, an dem jene Knappen arbeiteten, ersäuft liegt und von Stund an nicht fortgebaut werden konnte.

Quelle: Deutsche Alpensagen. Gesammelt und herausgegeben von Johann Nepomuk Ritter von Alpenburg, Wien 1861, Nr. 104