271. Der Winzig.

Als einst emsige Hände am Fuße des jetzigen Erzberges mit dem Aufsuchen von Bausteinen beschäftigt waren, näherte sich ihnen bis auf eine Entfernung von etwa hundert Schritten ein Winzig *) mit einem Bergeisen in der einen und einen Hammer in der andern Hand und in einem eigentümlichen Anzug mit Hinterleder. (Davon schreibt sich die jetzige Bergmannstracht.) Der Winzig fängt nun an, mit dem Hammer an den Felsen zu schlagen und bald sah man rote Felsstücke emporfliegen. Das setzte die Arbeiter in Verwunderung, aber eine kurze Zeit, so steht der Berggeist vor ihnen ohne daß sie zuvor sein Herannahen bemerkten. „Was ist Euer Begehren hier? Wonach grabet Ihr?“ fragte er. „Nach Bausteinen“ sagten sie. „Wozu denn Bausteine? Gold und Elsen! ich geb Euch einen Rat, womit Ihr Euch für immer beglücken könnt; was ist Euch lieber, Gold für einige Zeit oder Eisen für ewig?“ „Eisen für ewig“ sagten sie. „Nun gut, so sei Euer Verlangen erfüllt. Wo ich zuvor hämmerte, dorthin gehet und grabet, da habt Ihr Stoff genug, um Eisen auf ewig zu haben.“

Damit verschwand der Geist. Man fing an, dort zu graben und wirklich fand man Erze in großer Menge; und noch jetzt ist der ganze Berg von Erzlagern durchzogen.

Anton Meixner:
„Des Volkes Sagen und Gebräuche.“

*) Winzig - Berggeist.

Quelle: Johann Krainz, Mythen und Sagen aus dem steirischen Hochlande, Bruck an der Mur 1880.
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