6.4 Der Geisterjuchitzer in der Ödern

Der alte Heiß‘n Andl ist in seiner Jugend einmal in der Nacht von der Schneckenalm heimgegangen. Wie es die Almbuben halt tun, juchitzt (mundartl. für laut jauchzen, eine spezielle Art „Almschrei“) er lustig in den Wald hinein. Da hört er etwa eine Stunde weit weg einen lauten, aber gar grausamen Juchitzer. Der Heiß‘n Andl hat sich nicht gefürchtet und hat sofort laut geantwortet. Kaum ist sein Schrei verklungen, vernimmt er den abscheulichen Juchitzer schon wieder. Diesmal war es aber schon viel näher, etwa eine halbe Stunde weit weg. Den Almbuben hat jetzt schon ein Gruseln gepackt, aber nochmals hat er mit einem Juchitzer geantwortet. Jetzt aber schreit es schon wieder und zwar vom nächsten Baum aus. Jetzt hat der Heiß’n Andl keinen Laut mehr herausgebracht, und das war sein Glück. Er ist geflohen, so schnell ihn seine Füße getragen haben und seitdem hat er nie mehr gejuchitzt, wenn er nachts allein gewesen ist.

Quelle: Sagenhaftes Hinterbergertal, Sagen und Legenden aus Bad Mitterndorf, Pichl-Kainisch und Tauplitz vom Ende der Eiszeit bis zum Eisenbahnbau, Matthias Neitsch. Erarbeitet im Rahmen des Leader+ Projektes „KultiNat“ 2005 – 2007.
© Matthias Neitsch