Der heilige Rupertus

Rupert oder nach alten Urkunden Hrodbert, Rudbert oder Ruodpert, stammte nicht unwahrscheinlich von dem Geschlechte der fränkischen Könige ab und war zur Zeit, als König Childebert III. in Austrasien herrschte, Bischof zu Worms, wo er von dem fränkischen Statthalter Berengar, einem gar eifrigen Anhänger des Arianismus, große Verfolgungen auszustehen hatte. Sein musterhafter Lebenswandel, welchen besonders Keuschheit, Mäßigkeit und Liebe gegen die Armen auszeichnete, verschaffte ihm den Ruf der Heiligkeit. Als nun der damals in Bayern regierende Herzog Theodo von dem großen Bekehrungseifer dieses Mannes erfuhr, schickte er Gesandte zu ihm und lud ihn ein, nach Bayern zu kommen. Im Jahre 696, nach andern im Jahr 582, reiste nun der hl. Rupert nach Bayern, unterrichtete in Regensburg den Herzog in der christlichen Religion und taufte ihn daselbst in dem großen Turme auf dem Kornmarkte, wo er Hof hielt. Diesem Beispiele folgten bald viele andere aus dem Adel und dem Volke nach.

Hierauf trug Rupert die Leuchte des Evangeliums längs der Donau bis Lorch und zog dann westlich, wo er sich in einer schönen Wildnis am Wallersee, dem heutigen Seekirchen, eine Kirche zum heiligen Petrus erbaute. Hier soll er das erste Ehepaar auf salzburgischem Boden getraut haben und hievon das Wappen Seekirchens herstammen.

Allein, Ruperts Aufenthalt an diesem Orte war von kurzer Dauer; denn als er hörte, daß etwa drei Stunden weit vom Wallersee an den Ufern des Flusses Juvavus ein Flecken wäre, wo einst eine herrliche und volkreiche Stadt mit Namen Juvavia gestanden hätte, so glaubte er daselbst zur Errichtung eines Bistums eine bequemere Lage zu finden als am Wallersee. Als er den Platz persönlich in Augenschein genommen und denselben für seine Zwecke besonders geeignet gefunden hatte, ersuchte er den Herzog Theodo um Überlassung desselben. Der fromme Herzog willigte nicht nur in dieses Gesuch ein, sondern schenkte ihm und seiner Kirche nebst Stadt und Kastell den ganzen von hier aufwärts bis gegen Kuchl liegenden Landbezirk von mehr als zwei Quadratmeilen. Rupert, entzückt über diese großmütige Schenkung, ließ den Platz vom Schutte reinigen und das wilde Gesträuch ausrotten. Hierauf erbaute er nahe an dem Mönchsberg eine Kirche, dem Petrus geweiht, und ein Klösterlein nebst anderen Wohnungen für die Geistlichkeit. Nach und nach entstanden auch andere Gebäude, und die Zahl der neuen Ansiedler vermehrte sich allmählich so sehr, daß in wenigen Jahren aus den Ruinen Juvaviens eine neue Stadt emporstieg, welche den Namen Salzburg erhielt.

Zahlreiche neue Schenkungen des Herzogs Theodo belohnten den frommen Eifer Ruperts und vergrößerten sein Gebiet bedeutend, auch die Bevölkerung nahm immer mehr zu, so daß Rupert sich dem geistlichen Hirtenamte ohne Gehilfen nicht mehr gewachsen fühlte. Er reiste daher in der Absicht, neue Mitarbeiter anzuwerben, nach Franken und brachte von dort zwölf fromme Männer, teils Priester, teils Mönche, mit sich nach Salzburg zurück. Mit diesen neuen Gehilfen versehen, ging Rupert immerfort im Lande herum, die neubekehrten Christen im Glauben zu stärken und sie zur Beharrlichkeit in demselben aufzumuntern. Um aber auch für künftige Religionslehrer zu sorgen, errichtete er bei dem Kloster St. Peter eine Schule, welche von ihm den Namen Rupertsschule erhielt und wohin die bayerische Jugend, die man dem geistlichen Stande zu widmen gedachte, zum Unterrichte geschickt wurde.

Rupert erbaute auch unterhalb dem Kastelle ein Frauenklösterlein mit Kirche und im Pongau, an der Stelle des heutigen Bischofshofen, zu Ehren des heiligen Maximilian eine Kirche und Wohnungen für Mönche.

Pastorale vom Hl. Rupert aus dem Salzburger DomschatzReiseflasche vom Hl. Rupert aus dem Salzburger Domschatz

Pastorale und Reiseflasche vom Hl. Rupert aus dem Salzburger Domschatz
Abbildung aus Dvorak/Tietze, Österreichische Kunsttopographie, Bd. IX, Wien 1912

Rupert trug überhaupt einen ganz besonderen Hang zum Mönchswesen und führte einen höchst erbaulichen und tugendhaften Lebenswandel. Als er das Ende seines Lebens herannahen sah, rief er seine Amtsgehilfen und Jünger zusammen und hielt an sie eine rührende Abschiedsrede, worin er ihnen die Pflichten des geistlichen Standes tief ans Herz legte. Und damit nach seinem Hintritte die neugestiftete Kirche sogleich wieder mit einem Vorsteher versehen wäre, ernannte er den Priester Vitalis zu seinem Nachfolger und weihte ihn selbst zum Bischofe. Nachdem er nun auf solche Art für sein Stift gesorgt hatte, erwartete er mit voller Ergebung in den Willen Gottes den bevorstehenden Tod und hauchte in der Osterwoche, den 27. März 723, mitten unter dem Gebete und in Gegenwart seiner geistlichen Mitbrüder, seinen seligen Geist aus. Er wurde in der von ihm erbauten Kirche zu St. Peter begraben, wo sein Leichnam bis auf die Zeiten des Bischofs Virgilius geblieben ist.

Quelle: Nikolaus Huber, Fromme Sagen und Legenden, Salzburg 1880, S. 36 ff, zit. nach Leander Petzold, Sagen aus Salzburg, München 1993, S. 255.