Die Prophezeiung vom Wennser Bergwerk

Rings um Bramberg wurde in alter Zeit an vielen Stellen Bergbau betrieben, und in Mühlbach stand die Hütte, in der die gewonnenen Erze, vor allem Kupferkies, ausgeschmolzen wurden. Die gesamte Anlage wurde erst im Jahre 1864 gänzlich aufgelassen. Eine ganze Reihe von Hausnamen in Bramberg geht noch auf den Bergbau zurück, so z. B. „Handelsschmied", „Kohlhäusl", „Grubenhüter", „Brennschmitten", „Schwefelläutererhaus" usw. Von dem Bergwerk im Reintal, das nur einen der vielen Schürf orte darstellte, geht sogar die Erzählung, ein ungeheurer Bergsturz habe einstmals die dortigen Baue vollständig vernichtet; 100 Bergleute sollen dabei zugrunde gegangen sein und 70 Frauen wurden Witwen. Auch der Wennser Hof, ein alter Herrensitz, erinnert noch an die längst versunkene Glanzzeit des Ortes, der schon 1229 urkundlich erwähnt wird, und Männer dieses Geschlechtes sind dann später wiederholt erzbischöfliche Pfleger zu Mittersill gewesen. –

Eine Sage berichtet, wie der einstmals blühende Bergbau zu Wenns, der auch viel Gold geliefert haben soll, zum Erlöschen kam:

Es war vor vielen Jahren, zur Zeit, als das Wennser Bergwerk in vollster Blüte stand. Da kam eines Tages auf die über dem Bergwerk gelegene Geralm, welche damals als Ochsenalpe diente, ein kleines, grau gekleidetes altes Männlein mit langem Bart und bat den Halter inständig, ihm doch ein Paar Ochsen nur für zwei Stunden leihen zu wollen, es werde die Tiere sicher und unverletzt wieder zurückbringen. Der Halter schlug erst die Bitte rundweg ab, ließ sich aber durch die flehentlichen Bitten des Kleinen schließlich doch bewegen und gestattete ihm, zwei schlechtere Ochsen mitzunehmen. Mit vielen Dankesworten trieb das Männlein die Ochsen weg und verschwand plötzlich vor den Augen des Hirten, der seinen Tieren besorgt nachsah.

Doch nach einigen Stunden kam der Graubart mit dem Ochsenpaar richtig wieder zurück. Aber wie sahen die Tiere aus! Dürr und schlottrig waren sie, konnten sich kaum mehr weiterbewegen und machten den Eindruck, als wären sie 14 Tage ohne Futter und Pflege gewesen. Entsetzt und ergrimmt fuhr der Senner auf das Männlein los und stellte es zur Rede. Doch dieses beruhigte ihn und sprach: „Sei unbesorgt! Am Tage der Abfahrt *) werden die Ochsen die größten und schönsten unter allen anderen sein. Auch sollst du wissen, daß ich mit deinen Ochsen den mächtigen Stock guten Erzes, der sich im Brenntal bis heute befand, weit ins Innere des Berges zurückplünderte (führte, schaffte), da ich schon lange mit Groll gesehen habe, wie die Bergknappen gutes Erz geschürft haben, während sie das mindere achtlos beiseite liegen ließen. Doch auch dieses soll Verwendung finden. - Höre weiter! Nicht lange mehr werden die Knappen einfahren. Es werden Salzburger und Gasteiner als Hutleute kommen, und unter ihnen wird der Bergbau eingestellt werden. Doch nicht für immer! Nach langen Jahren werden Fremde kommen, Schnapphahnler genannt. Diese werden bei den gewesenen Bergknappen nachfragen, damit ihnen diese die alten Erzadern zeigen möchten. Jedoch nur hie und da wird noch eine solche zu finden sein. Das Bergwerk aber wird wieder in neuer Blüte erstehen. Du aber habe Dank für deine Güte! Nach einem glücklichen, zufriedenen Leben wirst du in hohem Alter das Zeitliche segnen!" Hierauf verschwand der Graue plötzlich vor dem erschrockenen Senner, welcher nun wußte, daß er seine Ochsen dem Schutzgeist des Bergwerkes, dem „Bergmandl", geliehen hatte. Tatsächlich ging die Prophezeiung des Bergmandls in Erfüllung, denn unter Salzburger und Gasteiner Hutleuten wurde der Bergbau wegen zu geringer Ergiebigkeit eingestellt. Wie es weitergehen wird, wer weiß es? - Einmal hat ein ausgezeichneter Kenner der geologischen Verhältnisse Salzburgs den Ausspruch getan: „Salzburg ist reich an armen Bergwerken!" Er hatte recht: denn außer dem ergiebigen Salzvorkommen, dem Marmor und dem schon längst erloschenen Goldreichtum gibt es in unserem Land eine große Anzahl verschiedenartigster Abbaustellen von Metallen und nutzbaren Gesteinen, die aber allesamt wenig ertragreich sind.

*) Almabtrieb.

Quelle: Josef Brettenthaler, Das Grosse Salzburger Sagenbuch, Krispl 1994, S. 220 - 221.