ZUR GESCHICHTE MAUTERNDORFS

Mauterndorf ist nicht nur der älteste Markt im Lungau, sondern auch einer der ältesten Orte des Gaues überhaupt. Es wurde schon im Jahre 1212 zum Markt erhoben; Tamsweg wird 1246 zum erstenmal als solcher genannt und St. Michael noch später. Schon die Römer hatten hier vermutlich eine Siedlung erbaut, die „In muris" geheißen haben soll. In der Nähe vereinigten sich die beiden Römerstraßen — die eine von Steiermark über Seethal — Tamsweg und die andere von Kärnten über den Katschberg kommend — und führten von hier als ein Straßenzug über den Tauern. Auch der römische Provinzverwalter soll deswegen hier seinen Amtssitz gehabt haben.

Da also Mauterndorf auf eine so lange Geschichte zurückblicken kann, erzählt man sich von diesem Orte manch sagenhafte Begebenheit. So soll die alte Römerstraße durch das Neuseßtal an der Westseite des Ortes gezogen sein, dort, wo sich heute das St.-Wolfgang-Kirchlein erhebt, und am Ostabfall dieses Hügels soll ein römischer Schmied sein Handwerk betrieben haben. In Steindorf, etwa eine halbe Stunde von Mauterndorf entfernt, stand wahrscheinlich ein römischer Tempel, wovon eine andere Sage berichtet. Mit dem Ende der Römerherrschaft zogen die Bajuwaren ins Land. Durch sie wurde nach einer kurz andauernden Slawenherrschaft der Lungau dauernd besiedelt und kultiviert. Mauterndorf kam als Geschenk Kaiser Heinrichs II. des Heiligen, im Jahre 1002 an das Salzburger Domkapitel *), während das Schloß, das ehemalige römische Kastell, umgebaut und erweitert den Salzburger Erzbischöfen häufig als Sommeraufenthalt diente. Die zu Ehren des heiligen Kaiserpaares Heinrich und Kuni-gunde geweihte Schloßkapelle erinnert noch an jenes Geschenk. Einstens, so geht die Sage, sei der Markt Mauterndorf weiter östlich, auf dem sogenannten „Dürnfelde" oder „Dürnbühel" gestanden. Die in der Nähe befindliche Friedhofskirche zu St. Gertrauden soll die einstige Pfarrkirche gewesen sein. Auch soll die „Tauernache" — die Taurach — nicht wie heute ihren Lauf ostwärts genommen haben, sondern gegen Süden durch das Neuseßtal ins Murtal abgeflossen sein.

*) Mauterndorf muß damals schon ein bedeutender Ort gewesen sein, da in der Schenkungsurkunde von vielen Herbergen, Mauten u. dgl. die Rede ist.


Quelle: Michael Dengg, Lungauer Volkssagen, neu bearbeitet von Josef Brettenthaler, Salzburg 1957, S. 65