DER SCHATZ UNTERM HERD

Der Kocherbauer „in der Gruben" in Thomatal hatte ein altes baufälliges Haus und keinen Kreuzer Geld zum Bauen; ja, er hatte noch Schulden auf dem Hause. Dies machte ihm viel Kopfzerbrechen und er dachte oft tagelang darüber nach, wie er es angehen könnte, daß er ein neues Haus bekäme und auch die Schulden weniger würden. Aber es wollte ihm nichts Rechtes einfallen. Da träumte ihm einmal, er sollte nach Salzburg gehen und sich dort auf die Stadtbrücke stellen; da werde er eine freudige Botschaft vernehmen. Erst schenkte der Kocher seinem merkwürdigen Traum keine Beachtung, doch als sich dieser mehrmals wiederholte, da wurde er doch nachdenklich. Er sagte sich, es könne vielleicht etwas dahinter stecken, denn gar manchmal schon habe ein Traum einem zu seinem Glücke verhelfen. Er zögerte nun nicht mehr länger und reiste nach Salzburg. Dutzend Male ging er auf der Brücke auf und ab und war mit sich selbst im unklaren, was er hier eigentlich wolle. Da kam ein Soldat auf ihn zu, der ihn augenscheinlich beobachtet hatte und ihn nun fragte, was er denn wolle und warum er schon so lange auf und ab gehe. „Na", sagte etwas verlegen der Bauer, „es ist halt so eine b'sondere G'schicht"! und er erzählte dem Soldaten von seinem Traume. „Nun", sagte lachend der Soldat, „ich meine, du kannst wieder heimgeh'n; an Träume darf man sich nicht viel kehren, es träumt wohl mir auch oft was. So hat mir erst neulich träumt, beim Kocher in der Gruben war unterm Herd ein Schatz vergraben. Aber weiß der liebe Gott, wo dieser Kocher ist!" Der Bauer horchte auf, als er dies vernahm und kehrte eiligst nach Hause zurück. Er grub an der bezeichneten Stelle nach. Wirklich fand er unter seinem Herd einen Schatz und davon baute er sich ein neues Haus.


Quelle: Michael Dengg, Lungauer Volkssagen, neu bearbeitet von Josef Brettenthaler, Salzburg 1957, S. 114