SCHATZFEUER

In unsicheren Zeiten vergrub man früher oft seine Wertsachen, insbesonders Geld, in handfesten Töpfen oder ähnlichen Gefäßen in oder außerhalb des Hauses. Daß dies ziemlich häufig geschehen sein muß, ersieht man daraus, daß auch heute noch manchmal solch vergrabene Schätze zutage gefördert werden. Des öfteren mag es der Fall gewesen sein, daß der Besitzer oder Verwahrer eines solchen Schatzes, dessen Aufbewahrungsort er natürlich streng geheim hielt, eines unverhofften Todes starb, ohne daß seine Angehörigen oder Nachkommen etwas von dem verborgenen Schatz wußten.

An Orten, wo solch ein Schatz vergraben ist, soll zu gewissen Zeiten des Nachts das Schatzfeuer brennen, ein blaues Flämmchen, dessen helles Licht weithin sichtbar ist. Gar mancher Wanderer sieht des Nachts aus der Ferne solch ein Schatzfeuer brennen; aber sobald er sich ihm naht, ist es plötzlich verschwunden. Da ist nämlich der „Ganggerl" im Spiel, der auf dem Schatze sitzt, ihn bewacht und den nächtlichen Schatzsucher gar oft in die Irre führt und zum Narren hält. Nur zu gewissen Zeiten, so bei Vollmond und an Weiheabenden, soll es möglich sein, sich dem Schatzfeuer zu nahen und den Schatz zu heben. Auch sollen bei Auffindung eines solchen Schatzes Neusonntagskinder mehr Glück haben als andere. Ein solches Schatzfeuer soll auch im Moser-Ötzl *) am Faningberg, dort wo der Weg vom Krameter aus über den Atscher nach Mariapfarr führt, manchesmal zu sehen sein.

*) „Ötzl" oder „Ötz" = Viehhalte.


Quelle: Michael Dengg, Lungauer Volkssagen, neu bearbeitet von Josef Brettenthaler, Salzburg 1957, S. 113