Hexenmilch

Einem Bauern in Zederhaus fiel es auf, daß die Sennin auf seiner Alm von den Kühen stets soviel Milch bekam. Eines Morgens sagte die Sennin, als sie den Melksechter zur Hand nahm: "So, hiatz werd ich melk'n geh'n in Gott's Nam!" Der Bauer, der ein Schlaukopf war, legte sich unter das leere Bett, das draußen im Stalle stand, und sah von dort aus dem Melken zu. Als die Sennin mit der Milch aus dem Stalle kam, sagte der Bauer, welcher schon vorher in die Hütte zurückgegangen war:

"Sendin, jetzt magst ruhig gehen; soviel Milch bringst bei mir nit z'samm!" Er hatte nämlich gesehen, wie die Sennin den Sechter im Stall draußen auf den Boden hingestellt, einen Strick am Trambaum befestigt und daran gezogen hatte; da waren dann vom Trambaum die Milchtropfen von selber in den Sechter geträufelt.

Quelle: Michael Dengg, Lungauer Volksleben. Schilderungen und Volksbräuche, Geschichten und Sagen aus dem Lungau, Tamsweg 1913; neu bearbeitet von Josef Brettenthaler, Salzburg 1957, S. 188.