DIE SCHLOßKAPELLE

Eine besondere Sehenswürdigkeit des Schlosses Mauterndorf bildet die im Ostturm eingebaute Kapelle. Sie ist mit Freskomalereien aus dem 13. oder 14. Jahrhundert geschmückt und sie war das Lieblingsplätzchen Erzbischofs Leonhard von Keutschach, der hier oft Messe las und seine Andacht verrichtete. Die Hauptzierde dieser Kapelle ist der prachtvoll geschnitzte altgotische Flügelaltar; er ist ein Kleinod von seltener Art und wird vom Volke hoch in Ehren gehalten. Zu Anfang des vorigen Jahrhunderts, als das Schloß schon verlassen und baufällig war und es daher gefährlich war, dieses zu betreten, wurde der wertvolle Altar in die Pfarrkirche zu Mauterndorf übertragen. Als bald darauf der Pfarrer Just, welcher diese Überführung veranlaßt hatte, schwer krank wurde, behauptete das Volk, das sei eine Strafe Gottes dafür, daß er den schönen Altar aus der Schloßkapelle entfernt habe. Doch nicht lange sollte dies währen. Ein Mauterndorfer Bürger, in dessen Besitz mittlerweile das Schloß übergegangen, ließ die baufällige Kapelle wieder instand setzen, und so konnte zur großen Freude des Volkes der Altar an seinen früheren Platz zurückgebracht werden, den er seither nicht mehr verlassen hat.


Quelle: Michael Dengg, Lungauer Volkssagen, neu bearbeitet von Josef Brettenthaler, Salzburg 1957, S. 68