DER SCHATZGRÄBER

In der Gronia, einer Alpe im Weißpriachtal, in der Nähe des Hundssteins, fand sich des öfteren ein Schatzgräber ein, der auf seiner Suche nach Edelerzen auch den Almsteig, auf welchem das Vieh zur Weide getrieben wurde, untergrub.

Bei dieser Arbeit erwischte ihn einmal ein Kuhhirte, der starke Seppl, der gegen ihn wegen der wiederholten Beschädigung des Viehsteiges schon lange einen Groll hegte und ihm daher Rache geschworen hatte. Der Hirte prügelte den Schatzgräber weidlich durch, so daß er sich nicht mehr von der Stelle bewegen konnte. Dann aber schleppte ihn der Seppl zur nahe gelegenen Hütte, wo man ihn so lange pflegte, bis er vollkommen genas und wieder seines Weges ziehen konnte.

Viele Jahre darauf ging der einstige Kuhhirte als Sauschneidergehilfe in die Fremde. Da kam er in ein Haus, dessen Besitzer ihm auffallend bekannt vorkam. Auch dieser schien ihn zu kennen, denn er nannte ihn nach dem üblichen Gruße beim Namen und führte ihn hierauf auf ein Zimmer.

Dort zeigte er dem erstaunten Seppl eine Anzahl Steine und sagte hierauf: „Weißt du, wo diese Steine her sind ?" Dieser schaute sie verwundert an und meinte dann: „Ja, das sind ja solche Steine, wie man sie bei uns daheim auf jener Alpe findet, wo ich einmal Kuhhirte war. So bist du also jener Schatzgräber, welcher damals nach diesem Zeug suchte?" Der Hausherr nickte und sprach: „Ja, ich bin's gewesen, und diese Steine, die ich damals auf jener Alm suchte, sind viel wert, denn sie enthalten viel Gold. Du hast oft einer Kuh einen Stein nachgeworfen, der mehr wert war als die Kuh; ich bin reich davon geworden." Hierauf bewirtete er den Seppl aufs beste, worauf sie als Freunde voneinander schieden.


Quelle: Michael Dengg, Lungauer Volkssagen, neu bearbeitet von Josef Brettenthaler, Salzburg 1957, S. 126