DAS ST.-AUGUSTIN-KIRCHLEIN

Einige hundert Schritte außerhalb des Pfarrdorfes Sankt Margarethen steht auf einem sanften Hügel ein dem heiligen Augustinus geweihtes Kirchlein. Zur Zeit seiner Entstehung lag die ganze Gegend noch in tiefster Wildnis, darin Bären und Wölfe hausten und anderes Raubtier beutesuchend umherzog. Nur die Römerstraße, welche über das kärntnerische Grenzgebirge kam und hier vorbeiführte, brachte Leben in diese Einöde. Da zogen, so meldet eine uralte Volkssage, fromme Mönche mit dem Leichnam des heiligen Maximilian (gestorben 283) des Weges; bei Baiersdorf sollen sie einige Zeit gerastet haben, ehevor sie den Weg über den Tauern nach Juvavia und an die Donau gegen Passau hin fortsetzten. Diese frommen Männer sollen der Überlieferung nach hier eine Andachtsstätte erbaut haben, und in späteren Jahrhunderten entstand daraus ein vielbesuchter Wallfahrtsort. Zahlreiche Votivtafeln, die meisten von ihnen aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts, schmücken das Innere des Kirchleins. Sie berichten von wunderbaren Heilungen, die auf die Fürbitte des heiligen Augustin hin erfolgt sind.

So zeigt eine Votivtafel einen auf der Erde knienden Landmann, welcher den heiligen Augustin, der ihm in den Wolken erscheint, um seine Hilfe anruft. Darunter steht folgende Inschrift: „Mathias Kögl von der St. Jörgen Pfarr ober Murau in Steier ist völlig erblindet, macht sein Vertrauen zu Gott und dem heiligen Augustin; durch diese Verlobnus ist ihm alsogleich geholfen worden. Zur Danksagung hat er 1771 diese Tafel gewidmet." — Eine andere Votivtafel zeigt zwei Soldaten, einen Reiter und einen Infanteristen in altösterreichischer Uniform, die sich unter den Schutz des heiligen Augustin stellen. — Eine weitere Votivtafel zeigt die Muttergottes und St. Augustin in den Wolken thronend. Zu ihren Füßen kniet ein österreichischer Infanterist. Im Hintergrunde biegt die vom Meere umspülte Stadt Venedig. Darunter steht die Inschrift: „Er opferte sein Leben für Gott und Vaterland bei Venedig am 26. Juni 1849. R. F." — Auf einem anderen Bilde ist ein Mägdlein mit einer Kuh zu sehen; darüber schweben in den Wolken Maria und St. Augustin. Dazu ist zu lesen: „Dem Mägdlein hat eine Kuh mit den Hörnern in das linke Aug gestochen, so hat sich das Mägdlein zu unserer Lieben Frau und St. Augustin verlobt mit dieser Opfertafel anno 1753." — Ein anderes Votivbild stellt den heiligen Augustin vor der Muttergottes knieend dar. „Eine Weibsperson ist lang krank gewesen und hat sich zum heiligen Augustin verlobt und ist alsobald frisch und gesund worden anno 1744. Es hat ihr träumt, sie solle zum heiligen Augustin gehen." — Auch viele Wachsfiguren sind an den Innenwänden des Kirchleins von den Gläubigen, die hier Heilung erhofften, in alter Zeit an die Wände gehängt worden.

Die Decke des Kirchleins zieren Freskogemälde des berühmten Lungauer Malers Gregor Lederwasch, der in der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts wirkte.


Quelle: Michael Dengg, Lungauer Volkssagen, neu bearbeitet von Josef Brettenthaler, Salzburg 1957, S. 53