DAS GELÖBNIS DES MOOSHAMERS

Einst ritt der mächtige Schloßherr von Moosham, Ritter von Tannhausen, nach langer Abwesenheit aus weiter Ferne seinem Schlosse zu. Schon sah er die stolze Feste hoch droben am Mitterberg aus dunklem Tannengrün emporragen. Voll Freude trieb er sein müdes Rößlein zu noch größerer Eile an. Inzwischen aber hatte sich der Himmel verfinstert und ein heftiges Gewitter begann sich über der Gegend zu entladen. Wolkenbruchartig stürzte der Regen hernieder, die kleinen Gebirgsbäche schwollen an und stürzten in ihrer ungebändigten Wildheit reißenden Strömen gleich ins Tal, dem Murflusse zu. Dieser war alsbald zu einem mächtigen Strom angewachsen. Er konnte die Wassermassen nicht mehr fassen, trat aus den Ufern und ergoß seine reißenden Fluten über die fruchtbaren Gefilde des Tales. Es dauerte nicht lange, so verwandelte sich das ganze Talbecken um St. Margarethen in einen einzigen See. Der Ritter war durch das jähe Hereinbrechen des Unwetters in eine besonders gefährliche Lage gekommen; von allen Seiten drangen die Fluten auf ihn ein und drohten ihn samt seinem braven Rößlein zu verschlingen. Angstvoll spähte er nach Hilfe aus. Doch nirgends war eine Menschenseele zu erblicken und so mußte er trachten, wie er sich selbst aus dieser Bedrängnis erretten könnte. Da gewahrte er in einiger Entfernung einen kleinen Hügel emporragen, den das Wasser noch nicht erreicht hatte. Dorthin lenkte er nun sein Rößlein. Mit größter Mühe erreichte er die Anhöhe, und als er sich so allein in der schrecklichen Wasserwüste sah, da fiel er auf die Knie, entblößte sein Haupt und flehte Gott und die Vierzehn Nothelfer um Rettung an. Er gelobte, an der Stelle eine Gedenkstätte zu errichten, wenn er mit dem Leben davonkommen sollte. Und siehe, sein Gebet wurde erhört! Der Regen ließ nach, die Wasser fielen, und bald konnte er das letzte Stück Weges zu seinem Schlosse ungefährdet zurücklegen. Die Votivsäule ist heutigen Tages noch an der Stelle zu sehen, wo Ritter von Tannhausen in Lebensgefahr geschwebt ist.


Quelle: Michael Dengg, Lungauer Volkssagen, neu bearbeitet von Josef Brettenthaler, Salzburg 1957, S. 95