Da Tabak is a Dreg...

Menschen können sich ändern! Ehemalige Verbrecher können sich bessern! Daher ist die Todesstrafe nach amerikanischem Muster als unzivilisiert und unmenschlich abzulehnen. Ein Beispiel dafür finden wir in Enzenkirchens Vergangenheit. In einem Kapitel weiter oben, war doch von einem Mann die Rede, der während der Jause seinen Bruder erstach und dafür musste er auch einige Jahre in den Arrest. Den Wert der christlichen Nächstenliebe schätzend, gewährte ihm seine Familie – über die er so großes Leid gebracht hat – doch wieder Zuflucht unter ihrem Dach. Und dass wohl auch zu Recht, denn kaum einer erkannte ihn wieder, aus dem alten, arroganten und jähzornigen Rabauken von früher, war ein friedfertiger Mensch geworden. Er sprach zwar nicht viel und oft saß er stundenlang auf einer Bank und starrte in Gedanken Löcher in die Luft; aber wenn er etwas sagte, dann war es gemäßigt. Lieber als der Konversation frönte er jedoch der Arbeit – und zwar in Form verschiedener Basteleien, die er dann auf diversen Märkten verkaufte, um etwas Geld zu verdienen. Oft halfen ihm dabei auch die Kinder aus dem Ort und jedem gab er so gut er konnte etwas dafür. Während seiner Bastelei pflegte er meist an einer alten Pfeife herumzukauen, wenn auch selten rauchend, denn Tabak konnte er sich nur selten leisten; und wenn, dann hatte er ihn meist in einer alten Bleckdose neben seiner Werkbank aufbewahrt. Überhaupt war Tabak eine Leidenschaft von ihm, denn befand sich in seiner Dose kein Tabak zum Rauchen, dann einer zum Kauen. Dies bekamen mit der Zeit natürlich auch die Kinder mit und darunter waren eben auch ein paar Spitzbuben und die hatten eines Tages, als sie im Hof die Hühner jagten, die Idee etwas Hühnerkot in die Dose mit dem Kautabak zu geben. Gesagt getan, ohne darüber weiters nachzudenken, führten sie ihren Plan aus. Jetzt mussten sie nur noch abwarten, bis der Mann wieder Lust auf etwas Kautabak hatte. Dies dauerte nicht allzu lange, gespannt beobachteten sie die Situation – der Mann holte etwas Kautabak aus seiner Dose, gab ihn in den Mund und begann darauf zu kauen. Im gleichen Moment konnten sich die Kinder nicht mehr halten und lachten laut los – wenn auch gespannt wie der Mann reagieren würde. Wider erwartend brach er aber nicht in Zorn aus und verjagte sie, sondern verzog ein leises Lächeln, spukte den Kautabak mit Hühnerkot auf den Boden, ging zum Brunnen, spülte sich den Mund aus, kehrte zurück und streichelte einem der Jungen durch sein Haar und sagte: „Rotzbuam, elendige!“. Irgendwie nahm er damit natürlich den Jungen den Spaß, den eigentlich hätten sie etwas mehr Nervenkitzel erwartet und waren schon startklar um zu türmen, aber dem war nicht so – der Alltag ging weiter wie gewohnt, und sie halfen ihm bei der Arbeit. Nach ein paar Wochen lud der alte Mann die Kinder auf einen warmen Tee ein, der zum Erstaunen der Kinder nicht wie gewohnt schmeckte und der Mann laut auflachen musste, als alle davon tranken. Dreimal darf man raten, warum?

Kommentar:

Da Tabak is a Dreg : Ein paar Enzenkirchner Kinder haben in der Zwischenkriegszeit einem Mann etwas Hühnerkot unter seinen Tabak gemischt. Überliefert von Mitterecker Otto 2004.

Quelle: Roger Michael Allmannsberger, Sagen aus Enzenkirchen, Teil 2.