Da blade Pfåff...

Anfang des 19. Jahrhunderts soll die Pfarre Enzenkirchen einen geistlichen Herrn gehabt haben, der dem Klischeebild eines Pfarrers mehr als entsprach. Gegen diesen hochwürdigen Herren könnte man seine Berufskollegen in den Karikaturen – die zugegeben auch nicht unbedingt schlank waren – als „Grispindl“ bezeichnen. Dieser Pfarrer war angeblich so dick, dass er in den letzten Jahren bevor er starb, nicht mehr in die Kirche gehen konnte, sondern von den Bewohnern mit einem eigens dafür konstruierten Wagen dorthin gefahren werden musste, weil seine Beine das Gewicht nicht mehr tragen konnten. Es scheint als hätte dieser hochwürdige Herr mehr Glück gehabt, als sein Vorgänger. Der erste Pfarrer, der nach der Trennung der Pfarre von Raab unter Josef II. nach Enzenkirchen kam, soll nämlich an einer Krankheit verstorben sein, die man wohl eher mit einer Modekrankheit unserer heutigen in den Medien präsenten Modells in Verbindung bringen würde. Er starb an Magersucht. Anscheinend hielten die Bewohner von Enzenkirchen, die für den Unterhalt des Pfarrers zu leisten hatten, ihren Geistlichen ziemlich knapp. Das konnte wohl seinem korpulenteren Nachfolger nicht passieren; der wurde von der Bevölkerung wohl nicht nur gut genährt, sondern ließ sich von ihr auch noch in die Kirche tragen. Die Pfarrer unserer Gemeinde hatten es wohl nicht immer Leicht mit ihren Schäfchen. Ließ man, wie oben erwähnt, den Einen verhungern, mästete man den anderen wie ein Schwein; und auch der Verschleiß von Geistlichen war immens, vor allem wenn sie aus Bayern kamen – zwei von ihnen hielten es kein ganzes Jahr aus und gingen wieder, wie es in der Pfarrchronik heißt „aus Heimweh“ in ihre Heimat zurück. Einem anderen Pfarrer machte man das Leben zur Hölle, weil er auf die Idee kam, den damals um die Kirche liegenden Friedhof, zu verlegen; wovon die Enzenkirchner gar nicht begeistert waren. Damals glaubte man nämlich, dass man schneller in den Himmel gelangt, wenn man näher an der Kirche war – deswegen ließen sich zum Beispiel Adelige oft in Kirchen beisetzen. So passte der Plan des Pfarrers den Friedhof an den Rand des Ortes zu verlegen, verständlicherweise, den Leuten überhaupt nicht. Sie trugen ihre Toten lieber in die Nachbargemeinden und ließen sie dort bestatten. Der Pfarrer soll jedenfalls sein ganzes Leben lang nicht mehr froh geworden sein. Die Gemeinde arbeitete gegen ihn, die Menschen blieben seiner Messe fern – und angeblich geisterten die Seelen der Toten um den Pfarrhof. Vielleicht aber waren die Seelen auch mehr als lebendig? Wer weiß?

Quelle: Pfarrchronik Enzenkirchen.
Roger Michael Allmannsberger, Sagen aus Enzenkirchen, Teil 1.