II. Wundersame Geschichten.
3. Von heiligen Zeiten.
1. Rauhnacht.

*277. In der Mettennacht wird das Vieh um Mitternacht im Stall unruhig und erhebt sich vom Lager, um seine Freude über die Geburt des Heilandes auszudrücken. Ochsen und Pferde reden sogar und weissagen.

*278. Einem Braunauer Bauern, der sich zu dieser Zeit unter den Pferdebarren legte, verkündeten seine Pferde, daß sie ihn bald auf den Freithof führen würden. Und so geschah es auch.

279. Ein Mann in der Naarner Gegend belauschte auch seine zwei Rösser in der Mettennacht, indem er sich hinter dem Barren versteckte. Da hörte er das eine Pferd sagen: "Nächsts Jähr stirbt unser Herr, den müassn ma auf an schwarn Leichenwagen ziagn!" Von der Stunde an wurde der Bauer trübsinnig, weinte und wurde immer kranker. Er starb und die beiden Pferde konnten den Leichenwagen kaum vorwärts bringen, so schwer war er.

*280. Der Griesacker, ein Bauer im oberen Mühlviertel belauschte auch die Tiere während der Mette. Ein Ochs sagte: "Bald ziehen wir unsern Bauern ins Griesloch!" Am Morgen fand man den Bauern als Leiche. Als man diese auf den Freithof bringen wollte, gingen die Ochsen durch und brachten sie ins Griesloch, einen verrufenen Platz im Böhmerwald.

281. Bauer und Bäuerin blieben von der Mette daheim. Der Bauer legte sich unter den Futterbarren und hörte wie um Mitternacht ein Ochse sagte: "Im Sommer wird sich unser Bauer beim Krautessen erwürgen." Der zweite Ochse fügte bei: "Und wir zwei werden ihn zum Friedhof ziehn!" Der Bauer ging in die Stube und erzählte es der Bäuerin, er mußte ihr versprechen, keinen Löffel Kraut mehr zu essen. Einmal im Sommer aber vergaß er sich, schon beim ersten Löffel verschluckte er sich und erstickte.

282. Als einmal ein Bauer in Oberweis zur Mettenzeit im Stall loste, sagten die Ochsen: "Nächsts Jåhr trågn mån aui!" Der Bauer wollte sie Lügen strafen und verkaufte sie dem Nachbarn. Er starb aber wirklich im nächsten Jahr und vom Nachbarn mußten die Ochsen ausgeliehen werden, um ihn auf den Friedhof zu führen.

*283. Auch ein Innviertler Bauer, der während der Mette unter der Futterkrippe horchte, wollte es seinen beiden Ochsen nicht glauben, daß sie ihn bald in den Friedhof tragen würden. Er verkaufte die Tiere um einen Gulden. Kurz darauf raffte eine Seuche Menschen und Vieh fort. Der Bauer starb und die beiden Ochsen, die vom Vieh allein noch übrig waren, zogen ihn zu Grab.

284. Ebenso erging es einem Welser Bauern, der seine zwei jungen Hengste zur Mettenzeit sagen hörte, sie würden ihn bald auf den Friedhof bringen. Er gab sie an einen Wiener Händler ab, von ihm kaufte sie aber der Nachbar ahnungslos auf dem Welser Markt. Bald traf den Bauer der Schlag und die Nachbarspferde brachten ihn auf den Friedhof.

285. Zwei Buben horchten in der Mettennacht beim Stall, in dem ein kranker Ochs war. Dieser sagte um Mitternacht zum andern Ochsen: "Mitten im Heustock ist eine Distel, wenn ich die zum Fressen bekomm, werde ich wieder gesund." Die Buben liefen voll Schreck in die Stube und erzählten es, dann aber fielen sie tot zusammen.

286. Ein Bauer legte sich in der Mettennacht unter den Barren. Um Mitternacht sagte ein Ochs zu einer Kuh: "Warum bist du denn so traurig?" Die Kuh antwortete: "Weil der Bauer noch in dem Jahr sterben muß." Der Bauer entsetzte sich darüber so, daß er am nächsten Tag wirklich starb.

287. Ebenso fand man eine Bäuerin am nächsten Morgen vom Schreck getötet, die während der Mette im Stall gelauscht und gehört hatte, wie ein Rind sagte: "Der Bauer wird bald ohne Bäuerin sein!"

288. Ein andermal horchte ein Knecht in der Mettennacht im Stall und hörte wie ein Ochs zum andern sagte: "In den nächsten Tagen werden die Hausleute saure Suppe essen, da wird sich der Bauer beim dritten Löffel an einem Beinschiefer erwürgen." Als ein paar Tage darauf saure Suppe auf den Tisch kam, paßte der Knecht auf und schlug den Bauer den dritten Löffel aus der Hand. Er sah genau nach und wirklich fand er den Schiefer. Dadurch hatte er den Bauer gerettet.

289. Ein Bauer wollte an das Reden der Ochsen in der Metten-nacht nicht glauben. Er legte sich in "den Boden" einer Futter-krippe, um die Tiere zu belauschen. Schlag zwölf Uhr sagte ein Ochs zum anderen: "Heuer wirds stårk, aufs Stana führn håb i schon große Angst." Der Bauer wollte nämlich im neuen Jahr den Stall umbauen. Der zweite Ochse sagte: "Das tat i nu gern, åba am schwaran fällt ma, daß i den Prigl, der im Boden liegt, firn muaß." Da wußte der Bauer, daß er und sein Begräbnis gemeint war, und lief voll Schreck davon.

Nach einer anderen Erzählung sprach der zweite Ochse: "D'Stana führet i e gern, åba wånn da Baua in an Banl dastickt und i mua'n in Freithof aue führn, des fållt ma schwar." Der Bauer erzählte den Hausleuten, was er gehört hatte. Beim Essen schlug ihm ein Knecht den Löffel mit Suppe aus der Hand, richtig war ein spitziges Beindl darin.

290. In einem Bauernhaus bei Königswiesen waren zwei Mägde in der Mettennacht daheim geblieben, um das Haus zu hüten. Die eine bekam Durst, sie wollte sich Wasser holen, getraute sich aber lange nicht hinaus zum Brunnen, weil die andere nicht mitging. Endlich eilte sie doch hinaus und füllte den Krug. Sie trank gleich beim Gehen, es war wunderbarerweise Wein. Schnell lief sie mit dieser Nachricht in die Stube. Nun eilte verwundert die zweite Magd mit einem großen Topf hinaus und stellte ihn unter den Brunnenauslauf. Es war aber wieder Wasser, denn die Wandlung in der Mette war inzwischen vorbei.

291. Ein Bauernknecht wollte in der Mettennacht die Ochsen im Stall belauschen. Der Durst plagte ihn so sehr, daß er sich nicht zu helfen wußte. Er beugte sich zur Futterkrippe, in der Wasser war. In diesem Augenblick schlug die Uhr zwölf und das Wasser in der Krippe war Wein. Der Knecht tat sich daran gütlich, aber die Ochsen redeten nicht mehr.

*292. In einem Traunviertler Bauernhaus waren während der Mette Großmutter und Enkelkind allein daheim. Plötzlich polterten schwere Tritte, wie wenn jemand in Holzschuhen Wasser durch das Vorhaus trüge. Bald darauf brannte es in der Nachbarschaft, man holte vom Bauernhaus Wasser und trug die gefüllten Eimer wirklich mit schwerem Tritt durch das Vorhaus.

293. Ein Kimplinger Bauer versäumte die Mette und blieb daheim. Auf einmal sprang die Tür auf und ein Roßgeschirr flog herein. Voll Angst versteckte sich der Bauer im Bett. Nie wieder versäumte er später die Mette.

294. Beim Wirt in Liebenstein blieben einmal die Hausleute während der Mette daheim. Da tanzte plötzlich ein Renkerl Gselchts zur Tür herein. Die Leute beteten den Rosenkranz und die Erscheinung verschwand.

295. Ein anderer Bauer blieb von der Mette daheim und schlief auf der Ofenbank. Da hörte er klopfen und ging aufmachen in der Meinung, es seien schon die "Kirchenleut". Plötzlich sprang ihm etwas an den Hals und würgte ihn. Er griff danach und schleuderte es weg. Zu seinem Entsetzen rollte ein Totenkopf auf die Erde.

296. Eine Frau, deren Mann schon vor zwei Jahren gestorben war, hielt in ihrem Haus einen Tanz, obwohl es Christnacht war. Als es zur Mette läutete, kamen zwei Totenköpfe zum Fenster herein und fingen auch zu tanzen an. Immer mehr Totenköpfe kamen, bis die Stube fast voll war. Als die Mette aus war, verschwanden sie. Seither versäumte die Frau keine Mette mehr.

297. Ein paar Hörbacher gingen nach Gaspoltshofen in die Mette. Bei der Egllacke stand plötzlich eine dichte, weiße Wand vor ihnen, die sie weder durchbrechen noch umgehen konnten. Schon wollten sie umkehren, da läutete die Kirchenglocke und der Spuk war verschwunden.

*298. Über die Hochstraße von Hinterschlagen nach Frankenburg wechselte vor Zeiten ein weißer Hirsch in der heiligen Nacht. Kein Jäger wagte es, ihm entgegenzutreten. Einmal aber lauerte ihm ein verwegener Bursch trotz aller Warnungen auf. Als von Frankenburg her das Wandlungsglöcklein durch die Mettennacht tönte, winselten die Hunde, durch das Geäst ging ein Knacken und Brechen und der weiße Hirsch stand mit einem weißen Kreuz zwischen dem Geweih vor dem Jäger. Der stürzte zusammen und wurde am nachsten Morgen bewußtlos aufgefunden. Die Herrschaft ließ an der Stelle einen Bildstock setzen, der immer wieder erneuert wurde und heute noch auf Ampfelwanger Grund steht.

299. Als das Christkind geboren ward, stieg ein Heller Schein von einem Stern am Himmel auf. Die Leute ließen alles liegen und liefen dem Schein nach und kamen zum Jesukind. Da fiel einigen ein, daß das Brot im Backofen war und sie in der Eile die Dampflöcher verstopft gelassen hatten, andere fürchteten für ihre Herden. Das Jesukind gab ihnen den "Hältersegen" und sagte ihnen, auch das Brot sei in Ordnung. Als sie heimkamen, war das Brot besser als je. Seither wird das Störibrot gebacken.

300. Eine alte Frau war ganz vereinsamt, Mann und Kinder ruhten längst am Friedhof. Es war ein paar Tage vor Weihnachten, sie legte sich recht zeitig nieder, um früh am Morgen nach Taufkirchen in die Messe zu gehen. Als sie erwachte, war es hell in der Stube, sie stand auf, verrichtete ihre Früharbeit und ging dann zur Kirche. Alles war ruhig, niemand begegnete ihr. Von weitem aber sah sie schon die Kirche hell erleuchtet, die Orgel klang. An den Altären brannten wie an Feiertagen alle Lichter. Mit gesenktem Haupt eilte sie nach ihrem gewöhnlichen Platz und betete. Nach einer Zeit sah sie auf, da wurde ihr aber angst und bange. Sie erkannte lauter Bekannte, die alle schon gestorben waren. Eine Gevatterin rief ihr freundlich zu: "Gevatterin, mach dich eilig auf den Heimweg, schau dich aber dabei nicht um, sonst zerfällt dein Leib in Staub!" Voll Schreck eilte die Frau davon und wagte es nicht, sich umzusehen. Als sie heimkam, hörte sie es vom Kirchenturm ein Uhr schlagen, da wußte sie, daß sie im Gottesdienst der Toten gewesen war.

*301. Vor langer Zeit ließ sich einmal ein Mann in der Mettennacht in der Kirche von Taufkirchen einsperren. Er sah die Kirche gefüllt mit Andächtigen und erkannte einige Bekannte, die schon gestorben waren. Das erschreckte ihn so, daß er sich nicht vom Platze wagte. Nach einiger Zeit verließen die Kirchenbesucher ihre Stühle und gingen um den Altar opfern. Als letzte hinkte eine Frau. Während sie an ihm vorbeikam, sagte der Mann: "Du hupfst auch nach!" Die Frau aber schrie ihm zu: "Ja, du hupfst auch bald nach!" Und richtig! Bald nach Weihnachten starb der Mann.

302. Im Attergau hechelte eine Bäuerin in einer Rauhnacht nach dem Aveläuten. Eine Hexe schlich sich herzu und schrie: "Hachl di, hachl di, fåll eini!" Die Bäuerin fiel in die Hechel und verletzte sich so schwer, daß sie starb.

303. Zu Dreikönig reisen die heiligen Dreikönige mit ihren Leuten durch das Land. Da kann es sein, daß sie auf der Tenne Rast halten und tanzen. Deshalb trug ein Bauer in Königswiesen seinem Knecht am Vortag auf, die Tenne sauber abzuräumen und das Messer vom Schneidstock zu nehmen. Der Knecht übersah es, in der Nacht fiel es ihm aber ein und er hielt Nachschau. Zu seinem Schreck fand er das Schneidmesser voll Blut, das er nicht wegkriegen konnte. Auch die Pfosten darunter waren blutig und ließen sich nicht mehr rein machen; ebensowenig ließen sie sich zerhacken oder zersägen, erst Feuer vernichtete sie.

*304. Ein anderer Mühlviertler Knecht drehte am Abend der feisten Rauhnacht das Messer am Futterstock absichtlich um, damit die heiligen Dreikönige nicht am Futterstock rasten könnten. Am Morgen war die Tenne vom Blute rot. Nicht lange nachher aber verletzte sich der Knecht tödlich mit dem Futtermesser.

*305. In der feisten Rauhnacht fuhr ein Mann von Holzöster nach Geretsberg durch das Edholz. Plötzlich war das Fuhrwerk in Feuer gehüllt, es war als ob die Pferde in Feuer stünden. Sie ließen sich schwer beruhigen, der Hund verkroch sich hinter den Wagen. Nach einiger Zeit verschwand der Schein, es war das Dreikönigsfeuer.

Quelle: Oberösterreichisches Sagenbuch, Hg von Dr. Albert Depiny, Linz 1932, S. 361 - 365
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Norbert Steinwendner, Mai 2006.
© digitale Version: www.SAGEN.at .