Die Sage vom Galgenkreuz

Vor vielen Jahren fuhr ein reicher Kutscher, heute würde man wohl sagen ein Fuhrwerksunternehmer, mit seinem Gespann nach Wien. Er nahm eine Frau, die schwer zu tragen hatte ein Stück Weges mit. Wenig später wurde die Frau in der Nähe des Weges tot aufgefunden. Als der Kutscher wieder nach Klosterneuburg zurückkam, stellte man ihn unter Arrest und obwohl er beteuerte, die Untat an der Frau nicht begangen zu haben, wurde er zum Tod durch den Strick verurteilt.

Der Galgen war damals weithin sichtbar auf einer Anhöhe, oberhalb der Stelle an der heute das Kreuz steht, aufgerichtet.

Galgenkreuz Klosterneuburg©Harald Hartmann
Das "Galgenkreuz" in Klosterneuburg
© Harald Hartmann, November 2004

Am Tag der Hinrichtung kam der Zug mit dem Kutscher auf Armesünder-Wagen dorthin, wo auch der Weg von den Donauauen steil und beschwerlich den Berg hinauf zu führen beginnt. Hier wurde kurz gerastet. Ein Priester kam zum Kutscher und gab ihm Gelegenheit seine Sünde zu bereuen. Der aber beteuerte laut weinend immer wieder seine Unschuld.

Ein Henkersknecht, den das laute Jammern und Klagen störte kam heran und sagte

"Du hast eine Frau getötet und deinen Tod zu recht verdient also klage nicht und bereue Deine Sünden!"

Der Kutscher aber beteuerte weiter und noch lauter seine Unschuld. Da wurde es dem Henkersknecht zu bunt. Er hieb mit seinem Stock auf einen Stein und rief:

"Eher zerrinnt dieser Stein zu Wasser als dass du unschuldig bist!"

In dem Moment spaltete sich der Stein und es entsprang dort eine Quelle mit klarem Wasser.
Alle, die dies sahen bezeugten die Begebenheit vor dem Richter. Der Kutscher wurde freigelassen und errichtete neben der Quelle ein Kreuz. Danach aber verließ er das Land und wurde nie wieder gesehen. Es wird gesagt, dass er als Dank für seine Errettung eine Pilgerfahrt machte, bis ans Ende der Welt.

Historischer Hintergrund:

Landkarte Klosterneuburg©Harald Hartmann
Landkarte von Klosterneuburg (Niederösterreich) um 1740
© Harald Hartmann, November 2004


Das Galgenkreuz ist schon seit der Mitte des 18. Jhdts belegt (Stich einer Ansicht von Klosterneuburg um 1740, Stiftsarchiv Klosterneuburg, SP. 578). Oberhalb des mit vier Bäumchen umgebenen Kreuzes ist auch der Galgen erkennbar. Möglicherweise diente dieser Ort an der Quelle als Rastplatz für Fuhrwerker von und nach Wien. Vor den 1970er Jahren befand sich an dieser Stelle ein einfaches Holzkreuz mit blechernem Corpus, welches dem Straßenausbau der B14 um Opfer fiel. 1980 wurde auf Privatinitiative das heutige Kreuz errichtet (Klosterneuburger Nachrichten 1980). De gustibus non est disputandum...

Quelle: Emailzusendung vom 17. November 2004 von Harald Hartmann.