Die Laibbrotmarter bei Raabs

Hinter dem Pfarrhofe in Raabs, am Wege nach Pfaffendorf, steht eine Feldsäule und wird vom Volke ihrer Gestalt und altersgrauer Farbe wegen spitze oder schwarze Marter genannt. Sie wurde im Jahre 1301 von einem gewissen Nikolaus Darx aufgestellt. Die restliche Tafel enthält die Figur eines Laibes, weshalb auch die Leute von einer Laibbrotmarter sprechen, die zur Erinnerung an eine große Hungersnot aufgestellt worden sein soll. Eine Sage soll selbe Marter zum Andenken an die Tötung eines Handwerksburschen, der in einem Bäckerladen einen Laib Brot entwendet hatte, durch den ihm nach eilenden Bäcker, aufgestellt worden sein.
(Ortsgeschichte Raabs.)

Laibbrotmarter bei Raabs © Harald Hartmann

Die Laibbrotmarter bei Raabs
© Harald Hartmann, Mai 2009

Eine andere Überlieferung sagt, dass in Zeiten großer Armut ein von Hunger geplagter Handwerksbursche einem reichen Bauern in Oberndorf einen großen Laib Brot stahl. Der Bursche aber wurde vom Bauern beobachtet. Um schneller laufen zu können, warf der Bursche das Brot auf der Flucht schließlich weg. Der Bauer jedoch nahm das Brot auf und schleuderte es in seinem Zorn dem flüchtenden Burschen so heftig an den Kopf, dass dieser zu Tode getroffen zu Boden stürzte. Das Gericht verurteilte den Bauern schließlich dazu, eine Marter an dieser Stelle zu errichten.

Brotlaib in der Laibbrotmarter © Harald Hartmann

Relief eines Brotlaibs im Tabernakel der Laibbrotmarter bei Raabs
© Harald Hartmann, Mai 2009

Die sogenannte „Schwarze Marter" bei Raabs soll einst eine Inschrift mit der Jahreszahl 1301 getragen haben (Geschichte der Stadt Raabs vom Jahre 1901), von der heute nichts mehr festzustellen ist. Es bleibt daher auch diese Jahreszahl problematisch. Die Marter weist zwar einerseits noch einen runden Fensterabschluß und den bei den volkstümlichen Malen ganz ungewöhnlichen polygonalen Helm auf, andererseits aber schon den schlanken gotischen Schaft, wie er für das 15. und 16. Jahrhundert charakteristisch ist.

Quellen:
Carl Calliano, Niederösterreichischer Sagenschatz, Bd. IV, 1927
Franz Hula, Die Totenleuchten und Bildstöcke Österreichs, Wien, 1948