Das wundersame St. Albinusstandbild

Im Gotteshause von St. Johann fand man nicht nur Genesung von Krankheiten, sondern der heilige Albinus genoß auch als Schutzpatron der Schiffer große Verehrung. Trotzdem erlaubten sich vor langer Zeit mutwillige Schiffsknechte einen sonderlichen Spaß. Sie trugen das Bildnis auf das Schiff und stellten es aus dessen Kranz! (Schiffsvorderleil). Dann fuhren sie weiter. In St. Nikola, wo sie nächtigten, wurde im Gasthause lustig gezecht. Als die Schiffsleute am Morgen die Vorbereitungen zur Weilerfahrt trafen, bemerkten sie zu ihrem Schrecken, daß der Heilige spurlos verschwunden war.

Nicht lange nachher mußten dieselben Schiffer wieder donauaufwärts fahren. Die Pferde, welche ihre Schiffe zogen, konnten aber bei St. Johann nicht mehr weiter. Alles Schlagen und Fluchen half nichts. Da sagte der Vorreiler: "Das ist die Strafe, weli ihr den Albinus gestohlen habt."

Die Schiffsknechte gingen voll Reue in die Kirche, wo sie zu ihrem Staunen den Heiligen an seinem alten Platze fanden. Dann nahmen sie den Pferden die Hufeisen herunter und opferten diese in der Kirche, wo sie zur warnenden Erinnerung festgenagelt wurden. Als man nachher die hufeisenlosen Pferde weitertrieb, ging es wieder leicht vorwärts.

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Eine andere Volkbüberlieferung führt die Hufeisen an der Kirchenwand zu St. Johann auf den Teufel zurück, der einst mit seinem Pferde durchs offene Kirchentor gegen den Altar sprengen wollte. Dieses verlor aber seine Hufeisen und rannte davon. Die zurückgebliebenen Hufeisen wurden als Siegeszeichen des überwundenen Teufels im Gotteshause aufbewahrt. In Erinnerung daran pflegten die Schiffsleute seit altersher zu St. Johann beim Aufwärtsziehen der Schiffe ihre Pferde beschlagen zu lassen.

Nun aber wieder vom heiligen Albinus. Sein Bild stand ursprünglich mitten im Kirchlein und lieh sich von jedem leicht emporheben, der ein reines Gewissen hatte. Gar manche Freveltat wurde dadurch erwiesen, das; der Beschuldigte den Heiligen trotz aller Kraftanstrengung nicht von der Stelle zu bringen vermochte. Einstmals kam eine Schar Leute vorbei, die von dieser Wunderkraft hörten. Sie versuchten sofort ihre Kraft und Ehrlichkeil zu bezeugen. Allen gelang das Emporheben bis auf einem, dem tatsächlich eine schwere Sünde auf der Seele lastete. Er sah darin einen Fingerzeig Gottes und ganz ergriffen gestand er, vor Jahren einen Mord verübt zu haben.

Durch das häufige Berühren und Emporheben war der heilige im Laufe der Zeit ganz schmutzig geworden. Die Mädchen von Arnsdorf wollten ihn daher einmal gründlich reinigen, schleppten das schwere Standbild mühsam zur Donau und begannen ihr Werk. Dabei mögen wohl unziemliche Scherzworte gefallen sein, denn die Mädchen konnten ihn unmöglich mehr zurücktragen. Zufällig kam der Pfarrer auf dem Rückwege von einem Versehgange vorbei. Ihn flehten sie um Hilfe und gestanden ihre Schuld. Sofort war das Bildnis wieder leicht und der Priester konnte es ohne Mühe in die Kirche tragen. Die Arnsdorfer Mädchen wagten es nimmer anzurühren. Damit ihm auch die übrigen Leute Ruhe geben, wurde St. Albinus später in eine Nische gestellt und diese durch ein Gitter verschlossen.

Quelle: Sagen der Wachau, Hans Plöckinger, Krems a. D. 1926, Nr. 38, S. 46f