Wie die Türken über die Enns kamen

Nachdem schon im Jahre 1529 die türkischen Reiterscharen bis an die Enns vorgedrungen waren, kamen die Mordbrenner im Herbst des Jahres 1532 wieder und trieben es noch viel ärger. Über 2000 Christen sollen an der Enns gefangen, erschlagen oder verschleppt worden sein.

Die türkischen Horden aber wollten nach Oberösterreich weiter. Die reißende Enns jedoch gebot ihnen Halt, die Untiefen und tückischen Wirbel schreckten sie ab. Da fiel ihnen ein, daß unter den Gefangenen auch ein Bauer aus Unterburg (Dorf an der Enns) sei. Diesen führten die Türken an das Ufer der Enns und fragten ihn, ob man ohne Schaden durch das wilde Wasser reiten könne. In seiner Angst bejahte dies der Bauer. Die türkischen Reiter aber glaubten, er wolle sie in das Verderben locken. Deshalb zwangen sie ihn, daß er zuerst selbst den Ennslluß hinüber und herüber durchschreite. Dem Bauern blieb nun nichts anderes übrig, als gute Miene zum bösen Spiel zu machen. Er suchte eine seichte Stelle im Fluß und überquerte vor den Augen der Türken den Fluß, wie man es von ihm verlangt hatte. Dafür schenkten ihm die Reiter Leben und Freiheit. Die Türken aber zogen über die Enns nach Oberösterreich.

Sengend und brennend ergossen sich die wilden Haufen über LosensteinIeiten, Wolfern, Gleink und das Land am linken Ennsufer; Tod und Verderben zeichneten ihren Weg. Der befreite Bauer ließ später auf dem Wege nach Unterburg aus Dank für seine Errettung eine Marienstatue aufstellen. Diese soll ein Laienbruder des Klosters Garsten aus Lindenholz geschnitzt haben und stellte Maria, einen auffallend großen Halbmond mit Füßen tretend, dar. Im Jahre 1840 wurde die betreffende Statue abgetragen. (Walter.)

Quelle: Sagen aus dem Mostviertel, gesammelt von der Lehrerarbeitsgemeinschaft des Bezirkes Amstetten, Hrsg. Ferdinand Adl, Amstetten 1952, S. 109
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Norbert Steinwendner, Mai 2006.
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