Das Oo-Häuserl von Kürnberg

Auf einem steilen Hang zwischen Kürnberg und Neustift steht das sogenannte Oo-Häuserl. In dessen nächster Nähe hausten vor langer Zeit viele Berg- und Wassermännlein, die der Besitzer nie aus ihrer ruhigen Behaglichkeit aufschreckte. Einmal ergoss sich über den Kürnberg ein schreckliches Unwetter. Drei Tage und drei Nächte öffnete der Himmel seine Schleusen, der Wolkenbruch wollte kein Ende nehmen! Am Morgen des vierten Tages ging plötzlich ein gewaltiger Ruck durch das ganze Häuserl, und es begann langsam, ganz langsam auf dem abschüssigen Hang zu rutschen! Der entsetzte Häuslmann stürzte ins Freie und rief verzweifelt mit weithinschallender Stimme: „Oo, HäuserI, oooo, Häuserl, bleib stehn!" Da wurde es im Berg lebendig. Die Bergmännlein stützten mit großen Felstrümmern den Hang, die Wassermännlein leiteten blitzschnell alle Sturzbäche in eine andere Richtung, und - hast du 's nicht gesehn? - auf einmal stand unser Häuserl wieder fest. Da aber den Hilfeschrei des Häuslmannes viele Nachbarn gehört hatten, wurde das Häuserl seit dieser Zeit Oo-Häuserl genannt. (Nach Freudenschuß.)

Quelle: Sagen aus dem Mostviertel, gesammelt von der Lehrerarbeitsgemeinschaft des Bezirkes Amstetten, Hrsg. Ferdinand Adl, Amstetten 1952.
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Norbert Steinwendner, Mai 2006.
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