Der Lindwurm vom Königsberg

Um die Mitte des 12. Jahrhunderts kamen zwei Mönche aus dem Bistum Passau über Weyer und wollten sich in der Hollensteiner Gegend ansiedeln. Dort befand sich aber damals noch lauter Urwald, in dem Wölfe und Bären hausten. Diese waren aber nicht so sehr zu fürchten, denn viel schlimmer trieb es ein Lindwurm auf dem Königsberg. Die Holzarbeiter und Hirten, die bis gegen Lunz hinauf den Wald rodeten und hier Jagd auf das Wild und die Raubtiere machten, mußten, um vom Lindwurm in Ruhe gelassen zu werden, jede Woche ein Kalb und zwei Lämmer opfern. Taten sie das nicht, so kam das scheußliche Untier selbst zu den Siedlungen der Menschen, brach in ihre Stallungen ein und holte sich die besten und schönsten Haustiere. Da war einmal ein junger Hirte, der es sich in den Kopf gesetzt hatte, Hollenstein von diesem Untier zu befreien. Mit Mühe überredete er die Bewohner, einmal die Tiere nicht zu opfern. In einem großen Stall wurde ein besonders schönes Kälbchen als Lockmittel an die offene Stalltüre gehängt. Als nun der Lindwurm wutschnaubend auf das arme Kälbchen eindrang und es mit sich in den Stall ziehen wollte, fiel die Tür ins Schloß und das Untier war gefangen. Die außerhalb des Stalles ängstlich harrende Menge setzte nun den Stall, der zur Falle des Lindwurms geworden war, in Brand. Unter Tosen und Zischen verkohlte der Lindwurm und die Bevölkerung war von dieser Landplage befreit. Jetzt erst konnte sich der Ort Hollenstein richtig entwickeln. (Pschorn.)

Quelle: Sagen aus dem Mostviertel, gesammelt von der Lehrerarbeitsgemeinschaft des Bezirkes Amstetten, Amstetten 1951,
S. 106

Für SAGEN.at korrekturgelesen von Norbert Steinwendner, Juli 2006.
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