Bestrafte Neugier

Als die gefürchteten Janitscharen unser ganzes Heimatland verwüstend durchkreuzten, kamen sie auch in unsere Gegend und zogen über Euratsfeld durch den Hinterwald gegen den Hochkogel. Westwärts desselben zieht sich ein etwas niedrigerer Höhenkamm dahin, die sogenannte Sonnleiten. Eines schönen Sommertages weideten dort Schafe. Nicht weit davon schnitten die Bewohner des Sonnleitner-Hofes das Korn. Schon standen mehrere Reihen mit Kornmandeln. Da bemerkten die Schnitter das Herankommen der gefürchteten Türken und suchten eiligst hinter den Kornmandeln Schutz. Niemand konnte die Verborgenen sehen. Da war aber eine Magd unter ihnen, die ihre Neugier nicht bezähmen konnte. Unter dem Vorwand, die Schafe heimtreiben zu müssen, wozu keineswegs ein zwingender Grund vorlag, verließ sie das schützende Versteck. Alsbald erspähten die gierigen Muselmänner das unbesonnene Mädchen, nahmen es gefangen und ermordeten es schließlich. Als die Wüstlinge ihren Raubzug fortsetzten, nahmen sie auch noch die Schafe mit. (Werner.)

Quelle: Sagen aus dem Mostviertel, gesammelt von der Lehrerarbeitsgemeinschaft des Bezirkes Amstetten, Hrsg. Ferdinand Adl, Amstetten 1952, S. 12
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Norbert Steinwendner, Mai 2006.
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