DER SCHIMMEL AUF DEM BLACHFELDE

Außerhalb des Dorfes Maria Elend nach Westen hin breitet sich ein Blachfeld gegen die Drau hin aus, hie und da mit Baumgruppen bestanden. Mittendurch zieht die Straße, weit und breit kein Haus, eine halbzerfallene Hütte abseits des Weges abgerechnet, die übrigens von jedermann gemieden wird. Unmittelbar am Ende des Dorfes steht ein Holzkreuz und ein zweites bei dem Abstiege in den Feistritzgraben. Auf der einsamen Strecke zwischen diesen beiden Wegkreuzen ist schon manchem nach dem Aveläuten ein Schimmel nachgefahren, der einen Karren zog, in welchem sich eine weiße Gestalt mit weitem Hute befand. Oft fehlt der Karren und sitzt die Gestalt mit dem weitem Hute auf dem Schimmel. Der Fußgänger tut dann wohl am besten, wenn er sich ins Geleise legt, denn fängt er an zu laufen, so läuft ihm auch der Schimmel nach. Gar mancher Bauer weiß davon zu erzählen und meidet gern Gang oder Fahrt in später Stunde. An den langen Winterabenden und besonders um die Weihnachtszeit ist der Spuk am tollsten. Oberhalb der langen Brücke, die durch den Feistritzgraben führt, hört der Spuk auf, Schimmel, Karren und Fuhrmann verschwinden.

Ein beherzter Bursche ging einst zu jener obenerwähnten abseitsgelegenen Hütte, aus deren Fenster er einen bläulichen Lichtschimmer dringen sah. Er schaute hinein und erblickte zwei schwarze Kater, die um eine bläuliche Flamme auf dem Herde herumtanzten.


Quelle: Der Schimmel auf dem Blachfelde. Schukowitz, Mythen . . . des Marchfeldes: Zeitschrift für österreichische Volkskunde 3, 1891, 203 f.
Aus: Will-Erich Peuckert, Ostalpensagen, Berlin 1963, Nr. 39, Seite 27