Die versunkene Stadt Rohr

Wo sich heute die große sumpfige Rohrwiese ausdehnt, lag einst die Stadt Rohr.

Reich an allem waren ihre Bewohner, doch nicht weise gebrauchten sie ihre Schätze, sondern sie schwelgten und prassten und ließen unseren Herrgott einen guten Mann sein. Nur um ihres Leibes Wohl waren sie besorgt; niemand dachte an sein Seelenheil. Allen Ermahnungen zum Trotz führten sie ihr lasterhaftes Leben weiter bis des Herrgotts großes Strafgericht sie heimsuchte.

Die Bäche und Flüsse traten aus ihren Ufern, rissen alles mit sich und bedeckten mit ihrem Wasser, mit Schlamm und Morast die arge Stadt Rohr.

Nach langen Jahren, als sich allmählich eine Grasnarbe über den Sumpf gebildet hatte, ging ein Holzhofer hinaus auf die Sumpfwiese, die zu seinem Besitz gehörte, um Gras zu mähen. Und plötzlich so erzählt die Sage, sprang seine Sense entzwei, denn er hatte das Kirchturmkreuz der ehemaligen Stadt Rohr abgemäht.
Heute kann man das Kreuz noch sehen. Auf einem Baum, mitten in der Rohrwiese, ist es angebracht.

Und manche Leute, die in der "Gegend" wohnen, sagen heute noch, sie gehen in die "Stadt", wenn sie nach Rohr hereinkommen.

Quelle: Gemeinde Rohr im Gebirge, Email-Zusendung von Herbert Schmirl, 26. März 2003