DIE "HADISCHEN LEUT'"

Ehedem, heißt es, haben in den Bergen die heidnischen Leute gehaust. Das war ein uraltes Volk, ganz anderer Art als die Menschenkinder und diesen an Größe und Stärke weit überlegen. Tief im Geklüfte lagen ihre Wohnungen an versteckten und unzugänglichen Stellen. Sie lebten anfangs mit den Menschen auf gutem Fuße und erwiesen ihnen sogar manchen Dienst. Aber als die Christen immer mächtiger wurden, mußten sich die Heiden immer weiter in die Berge zurückziehen, bis sie endlich ganz verdrängt wurden. Jetzt ist jede Spur von ihnen verschwunden, nur die Reste von alten Burgen, riesige Felshaufen und tiefe Höhlen zeugen noch von ihrer Arbeit.

In der Ortschaft Hinterwinkel zeigt man sieben teils neben-, teils übereinanderliegende Löcher in einem Felsen. Das Volk nennt sie Heidenstuben und sagt, daß sie der Aufenthaltsort heidnischer Leute gewesen seien. Auch anderwärts kennt man derartige Löcher unter dem Namen Heidenlöcher oder Heidentore.

Im Malta- und im Liesertale erzählt man, daß "hadische Leut' " die Berge bis tief unter Millstatt hinunter bewohnten. Sie waren von riesenhafter Größe; zu Pleßnitz und Kreuschlach wurden vor Zeiten öfters Knochen von ihnen gefunden, die dreimal so groß waren wie die gewöhnlichen Menschenknochen. Ihnen gehörten das alte Mühlbacher Schloß, die Burgen Feistritz und Ödenfest bei dem Pfarrdorfe Maltein. Von einem Brunnen hoch oben am Malteiner Berge, der noch heute der "hadische" oder "Z'gredernbrunnen" heißt, leiteten sie durch metallene Röhren das Wasser zu jenen Stätten hernieder.

Die Namen der heidnischen Tratte im Gößgraben, des Frauenwandls ob der Rödernwand und der Heidenlöcher im Feistritzgraben gehen auf die Heiden zurück. Sie lebten fern von den Menschen in ihren Burgen und Höhlen, und der Bergbau machte sie reich und mächtig. Als die Kanonen erfunden wurden, begannen ihnen die Christen gefährlich zu werden, indem sie von dem langen Bühel bei Gmünd aus ihre Burgen Feistritz und ödenfest beschossen. Bald wurden sie immer weiter zurückgedrängt, bis sie endlich ganz von der Erde verschwanden.

Franz Pehr, Kärntner Sagen. Klagenfurt 1913, 5. Auflage, Klagenfurt 1960, Nr. 54, S. 113