Das walische Mandl

Vor Zeiten kam ein walisches Mandl in die Gegend der Leitneralm. Wenn es den Berg hinaufstieg, hatte es einen Spiegel in der Hand und schaute immer in diesen hinein. Da sah es alles Gold und Silber, das im Berge lag, und füllte damit den Sack. Einmal auf einem solchen Gang fiel ihm unversehens der Spiegel in ein tiefes Felsloch hinab. Unten erklang ein höhnisches Lachen, und das Männlein lief eilig davon. Ein Bauer war ihm die ganze Zeit nachgeschlichen und hatte nun auch gesehen, wo es den Spiegel verloren hatte. Er schaute angestrengt hinunter ins Loch. Dort lag der Spiegel und darin sah er jetzt einen Sack Gold, einen Hammer und das Totengerippe von einem Bergknappen. Der Bauer kletterte hinunter in das Loch und holte sich den Spiegel. Wie er wieder hineinschaute, sah er dieselben Dinge. Da ließ er sich vom Spiegel leiten und ging dem Bild solange nach, bis er einen Sack Gold fand. Daneben stand das Totengerippe eines Bergmanns, das noch den Hammer in der Hand hielt. Der Bauer nahm den Hammer, steckte ihn in den Sack mit Gold und ging mit dem Spiegel heim. So oft er später in den Spiegel schaute, sah er den Sack Gold, den er sich an der gezeigten Stelle holte. Nie kam das walische Mandl wieder. Mit der Zeit war der Bauer so reich geworden, dass er nicht wusste, wohin mit dem vielen Gold, und oft über die Zeit hinaus beim Weine saß. Immer mehr verfiel er dem Trunk und vergaß darüber, seinen alten Goldvorrat aufzufüllen. Als es ihm endlich an der Zeit schien, wieder in den Spiegel zu sehen und neues Gold zu holen, tat es einen furchtbaren Knall und aus war es mit dem Zauber. Der Spiegel zeigte nun nicht mehr als ein gewöhnlicher Spiegel.

Quelle: Leander Petzoldt, Deutsche Volkssagen, München 1978, S. 250, zit. nach Sagen aus Kärnten, Hrsg. Leander Petzoldt, München 1993, S. 155 - 156.