Das versunkene Kloster

Wenn man von der Hauptstraße in Unterferlach abzweigt, hinunter zur Drauüberfuhr, so liegt rechter Seite eine große, moosige Wiese. Sie führt den Namen »Zirkliza« (Cirklce, Kirchlein). Ihr Umfang dürfte dreißig mal vierzig Meter betragen.

Auf dieser Wiese, so erzählte der Besitzer Kauer, soll einmal ein Kloster gestanden haben. Ein Ahne seines Geschlechtes arbeitete einmal auf dieser Wiese, er mähte dort das Gras. Und weil es schon lange Zeit regnete und sein Heu nicht trocken wurde, so setzte er Kleehiefel [Trockengerüst], um darauf das nasse Heu zu trocknen. Als er nun mit der Eisenstange ein Loch in den Grund bohren wollte, entglitt diese seinen Händen und versank im Augenblick in die Tiefe. Er grub und suchte nach ihr, doch sie war spurlos in den Boden versunken. An jener Stelle, wo die Eisenstange eingesunken war, steht heute ein buschiger Haselstrauch. Jetzt getraut sich kein Besitzer mehr, dort eine Heuhütte oder sonst etwas hinzuhauen. An den Rändern dieser Wiese sollen noch stark abfallende Mauern im Boden beim Ackern des Grundes fühlbar sein. Aus diesem zog man einmal einen steinernen Engel und eine beschriftete Steinplatte. Sie soll jetzt im Besitz des Bäckers Piskernig, dortselbst, zu finden sein. Im Klosterhofstand auch ein großer und tiefer Brunnen. In diesen warfen die Leute ihre Schätze und viel Geld, um so ihr Kostbarstes vor dem Raub der Feinde zu sichern. Der Brunnen wurde zu diesem Zwecke mit Schutt verschüttet. Das Kloster und die Kirche aber sollen in der Zeit der Franzosenkriege plötzlich versunken sein. Ein Mann versuchte des öfteren auf jener Wiese zu graben, seither aber hat niemand mehr nach dem vergrabenen Schatz gesucht.

Quelle: Anna Zerobin, Sagen und Erzählungen aus dem Rosenthal, in: Carinthia I, 145 (1955), Erzähler: Kauer (Besitzer), Ort: Unterferlach, 1953, zit. nach Sagen aus Kärnten, Hrsg. Leander Petzoldt, München 1993, S. 161 - 163.