Vom Wolkenschieben

Viele Leute glauben, daß manche Gewitter nur dann entstehen, wenn Zauberer die Wolken zusammenschieben und dann an einem beliebigen Orte niederlassen. Es soll ein recht lustiges Geschäft sein, wenn nicht ein Gegenzauber das Schieben erschwert, so daß ihnen oft das Blut unter den Nägeln hervorspritzt. Einst arbeitete ein zauberkundiger Bauer auf dem Felde und da sah er, wie ein Hagelwetter herankam. Die Knechte und Mägde wollten heimeilen, doch der Bauer sagte: „Bleibt nur, es kommt nichts.“ Er bannte die Wetterhexe und siehe, da kam ein „tschodrats Weible“ (mit wirrem Haar) daher und bat den Bauer: „Låß aus, låß aus, i dartråg neamar“, aber er bedeutete ihr, sie möge die Wölken nur weiterschieben. Noch zweimal kam die Alte flehend daher. Das drittemal erlaubte er ihr, zwischen zwei hohen Zäunen den Hagel niederzulassen. Während auf den Feldern das schönste Wetter war, ging zwischen den Zäunen ein fürchterlicher Hagel nieder, aber kein einziges Hagelkorn fiel darüber hinaus. Staunend betrachteten die Leute die Zäune, die nun bis oben mit Eiskörnern gefüllt waren.

Quelle: Georg Graber, Sagen aus Kärnten, Graz 1941.
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Harald Hartmann, Februar 2006.
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