Der Wassermann zu Feistritz im Rosentale

In den Drauauen bei Feistritz im Rosentale hielt sich vor Jahren ein gewaltiger Wassermann auf. Er trug eine aus Schilfgras geflochtene Kleidung, hielt sich jedoch abseits und verkehrte wenig mit Manschen. Einmal jedoch kam er, wahrscheinlich vom Hunger getrieben, zu einem Bauernhause in der Ortschaft Sala. Die Leute empfanden zuerst Furcht vor dem riesenhaften Manne, erbarmten sich aber schließlich des Armen, der mit ungeschickten Gebärden seinen Hunger zu erkennen gab, und setzten ihm zu essen vor. Der Wassermann ließ es sich wohlschmecken und kam von nun an immer häufiger wieder. Schließlich wurde er täglicher Gast im Hause, was dem Bauer sehr zur Last fiel, da jener ziemlich viel verzehrte, ohne hierfür eine Gegenleistung zu bieten. Um ihn endlich loszuwerden, griff die Bäuerin zur List. Als der Wassermann wiederkam, wurden ihm heiße Nudeln vorgesetzt. Gierig griff er mit seinen ungeschlachten Fingern in die Schüssel und verschlang den ersten Bissen, verbrannte sich aber dabei Mund und Finger. Ergrimmt über diese Bosheit der Menschen, verließ er das Haus und ließ sich dort nimmer blicken. Er wurde zwar noch wiederholt in der Gegend gehört, doch bekam ihn keiner mehr zu Gesicht, da er sich vor den Leuten, welche dem lauten Klange seiner Stimme nachgingen, zu verbergen wußte. Schließlich verschwand er ganz aus der Gegend.

Im Jahre 1910 wollen Bauern in der Umgebung des Gösselsdorfersees einen Wassermann gehört haben, der gräßliche, weithin-schallende Rufe ausstieß. Von weit und breit kamen Leute zum See, um ihn zu sehen; einige paßten ihm sogar mit Flinten auf, um ihn zu erschießen, wenn er auftauche. Doch zeigte er sich nicht.

Quelle: Georg Graber, Sagen aus Kärnten, Graz 1941.
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Harald Hartmann, Februar 2006.
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