Der „tote Ritter“

Die Sage von dem „toten Ritter“ beruht auf einer Erzählung des Abtes Johann von Viktring, der in seinem „Buch verbürgter Geschichten“ (II, 8) zum Jahre 1288 folgendes erzählt:

In dieser Zeit lebte am Hofe des Herzogs Albert ein Ritter aus der Landschaft Chur, der Sohn eines wackeren Ritters. Er wurde „der Tote“ genannt. Herzog Heinrich von Kärnten, der Sohn Meinhards, und Konrad von Aufenstein haben, wie sie angeben, ihn sehr oft gesehen und sich oft mit ihm unterhalten. Seine Mutter soll vor Schreck und Angst im Wochenbette gestorben und auch begraben worden sein, erschien aber häufig innerhalb der ersten dreißig Tage nach ihrem Tode und bot dem neugeborenen Kinde die Brust. Die Amme erzählte das ihrem Herrn, der sich über den Tod seiner Gemahlin sehr grämte; er beobachtete ihr Kommen, überraschte sie und ließ sie nimmer von dannen. Zwei Jahre und darüber lebte er mit ihr nun noch beisammen, und ihrer Ehe entsprossen noch zwei Söhne, von denen der eine unser Ritter war. Viele verwunderten und entsetzten sich darob. Der Chronist schreibt diese Wundergeschichte auf Rechnung des Teufels oder böser Geister.

Quelle: Georg Graber, Sagen aus Kärnten, Graz 1941.
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Harald Hartmann, Februar 2006.
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